Der Planfeststellungsbeschluss für eine Höchstspannungsfreileitung und eine Umspannanlage im Heestal ist teilweise rechtswidrig. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Der Planfeststellungsbeschluss genehmigt die 380-kV-Höchstspannungsfreileitung im Abschnitt Attendorn bis zur Landesgrenze Rheinland-Pfalz und die Umspannanlage Junkernhees. Die Leitung ist ein Abschnitt eines in den Bedarfsplan zum Energieleitungsausbaugesetz aufgenommenen Vorhabens.
1. Die Klage eines der Grundstückseigentümer hatte in Bezug auf die Umspannanlage Erfolg. Der Planfeststellungsbeschluss verletzt insoweit Vorschriften des Biotopschutzes und durfte nicht ohne eine naturschutzrechtliche Ausnahme oder Befreiung ergehen. Über den Standort der Umspannanlage muss abwägend erneut entschieden werden.
Der geplante Standort der Umspannanlage, die „Dänische Wiese“, wurde im Sommer 2023 und damit nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses im Juli 2022 durch die zuständige Behörde als gesetzlich geschütztes Biotop (Glatthafer- und Wiesenknopf-Silgenwiese) kartiert. Ob das Biotop bereits zum Zeitpunkt der Planfeststellung bestand, lässt sich nicht mehr verlässlich feststellen. Die behördliche Kartierung vom Sommer 2023 legt dies aber nahe. Der Beklagte und die Beigeladene konnten nicht darlegen, dass die Fläche vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses hinreichend untersucht worden war. Die insoweit verbleibende Unsicherheit ging zu Lasten der Beklagten und der Beigeladenen.
Die weiteren Einwände gegen den Standort der Umspannanlage blieben erfolglos. Ein Verstoß gegen artenschutzrechtliche Verbotstatbestände lag nicht vor, weil der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling, ein Schmetterling, auf der Dänischen Wiese nicht nachgewiesen wurde. Der Planfeststellungsbeschluss durfte die Anlage in Junkernhees unter technischen Aspekten der in deutlich größerer Entfernung liegenden Anlage in Altenkleusheim vorziehen.
2. Die Klagen gegen die Führung der Freileitung im Heestal blieben dagegen erfolglos.
Einen durchgreifenden Verstoß gegen Regelungen des Biotop- und Artenschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht verneint.
Die Abwägung der Trassenführung im Heestal war frei von beachtlichen Fehlern. Der Planfeststellungsbeschluss berücksichtigt die Belange des Denkmalschutzes in angemessener Weise. Namentlich das dort gelegene Schloss Junkernhees genießt keinen Umgebungsschutz. Der Planfeststellungsbeschluss gewichtet die Beeinträchtigungen des Wohnumfelds und des Landschaftsbildes ohne Rechtsfehler. Das gilt auch für das Heestal als Raum für Erholung, Freizeit und Sport. Die Beeinträchtigung des Kulturlandschaftsbereichs „Raum östlich von Hünsborn“ ist hinreichend berücksichtigt. Der Planfeststellungsbeschluss erkennt die punktuell hohe visuelle Belastung im Heestal, musste dieser aber kein überwiegendes Gewicht einräumen. Die sogenannte Meiswinkelvariante durfte er wegen der mit ihr verbundenen Beeinträchtigung von Waldflächen ablehnen.
Die Klage der Stadt Kreuztal wurde abgewiesen. Der Planfeststellungsbeschluss verletzt sie nicht in ihren subjektiven Rechten. Ihre Planungshoheit ist nicht betroffen. Die Inanspruchnahme ihres zivilrechtlichen Eigentums ist durch gegenläufige, ordnungsgemäß ermittelte Belange gerechtfertigt. Die Erschließung der Anlagen über einen städtischen Weg ist ausreichend geregelt. Die Details, etwa zum Schutz von Wasserleitungen, durften der Bauausführung vorbehalten bleiben.
BVerwG 11 A 1.23 – Urteil vom 20. Juni 2024
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(c) BVerwG, 20.06.2024