Lärmschutzauflagen zugunsten von außerhalb des Einwirkungsbereichs einer Windenergieanlage liegenden Bereichen sind rechtswidrig, wenn die Zusatzbelastung der zu genehmigenden Anlage nach der TA Lärm als irrelevant anzusehen ist. Das hat heute das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.
Die Klägerin ist Betreiberin von Windenergieanlagen in Brandenburg. Sie wendet sich gegen Nebenbestimmungen zu drei immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen, die einen schallreduzierten nächtlichen Betriebsmodus vorsehen, um die für Wohngebäude ermittelte Lärmbelastung nicht erheblich über die nach der TA Lärm bestimmten Richtwerte steigen zu lassen. Die genehmigten Windenergieanlagen treten zu einem bereits aus 24 errichteten bzw. genehmigten Anlagen bestehenden Windpark hinzu. Dieser führt zu einer Vorbelastung mit Lärm, durch die die Richtwerte bereits nahezu erreicht oder überschritten werden.
Vor dem Oberverwaltungsgericht blieb die Klage erfolglos. Zwar bleibe die von den Anlagen der Klägerin jeweils ausgehende Zusatzbelastung isoliert betrachtet so weit unterhalb der Richtwerte, dass nach der TA Lärm kein maßgeblicher Immissionsort im Einwirkungsbereich der Anlagen liege. Eine Situation, die von einer so großen Anzahl bereits einwirkender Anlagen geprägt sei, erfassten die Bestimmungen der TA Lärm zum Einwirkungsbereich jedoch nicht. Die vom beklagten Landesamt für Umwelt Brandenburg mit Rücksicht hierauf durchgeführte Prüfung der Lärmbelastung im Sonderfall und die daraus resultierenden nächtlichen Betriebsbeschränkungen seien nicht zu beanstanden.
Auf die Revision der Klägerin hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Oberverwaltungsgerichts geändert und die Nebenbestimmungen zum Lärmschutz aufgehoben. Der Einwirkungsbereich einer immissionsschutzrechtlichen Anlage ist in der TA Lärm abschließend und verbindlich festgelegt. Nach der Begriffsbestimmung der TA Lärm beschränkt sich der Einwirkungsbereich einer Anlage auf Flächen, in denen die von der Anlage ausgehenden Geräusche einen Beurteilungspegel verursachen, der weniger als 10 dB(A) unter dem für diese Fläche maßgebenden Immissionsrichtwert liegt. Hiervon ausgehend befindet sich nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts die schutzbedürftige Wohnbebauung außerhalb der Einwirkungsbereiche der Windenergieanlagen. Die außerhalb des Einwirkungsbereichs liegende Zusatzbelastung rechtfertigt keine Sonderfallprüfung, wenn sie – wie hier – nach der TA Lärm als irrelevant anzusehen ist.
BVerwG 7 C 4.24 – Urteil vom 23. Januar 2025
Vorinstanz:
OVG Berlin-Brandenburg, OVG 3a A 45/23 – Urteil vom 02. November 2023 –
BVerwG, 23.01.2025