Das mit Verfügung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) vom 2. August 2022 ausgesprochene vereinsrechtliche Verbot der „United Tribuns“ ist rechtmäßig, soweit es das Chapter „United Tribuns Northside“ als Teilorganisation erfasst. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Mit der auf Art. 9 Abs. 2 GG i.V.m. § 3 Abs. 1 des Vereinsgesetzes (VereinsG) gestützten Verfügung hat das BMI den Verein „United Tribuns“ sowie mehrere Chapter, die es als gebietliche Teilorganisationen des genannten Vereins im Inland ansieht, verboten und aufgelöst. In der Verfügung wird festgestellt, dass Zweck und Tätigkeit des Vereins einschließlich seiner Teilorganisationen den Strafgesetzen zuwiderliefen. Bei den „United Tribuns“ handele es sich um eine rockerähnliche Gruppierung, deren Struktur einem Motorradclub gleiche und deren tatsächlicher Zweck in der gewalttätigen Gebiets- und Machtentfaltung sowie in der Selbstbehauptung gegenüber konkurrierenden Gruppierungen liege. Das in der Verbotsverfügung als eine der gebietlichen Teilorganisationen genannte Chapter „United Tribuns Northside“ hat – anders als der verbotene Verein „United Tribuns“ selbst – Klage erhoben, mit der es die Aufhebung der Verbotsverfügung begehrt hat, soweit es von dieser betroffen ist.
Das erst- und letztinstanzlich zuständige Bundesverwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage abgewiesen. Greift ein Kläger eine vereinsrechtliche Verbotsverfügung allein wegen seiner Inanspruchnahme als gebietliche Teilorganisation des verbotenen Vereins an, ist das gerichtliche Prüfprogramm eingeschränkt. Es umfasst lediglich die Vereinseigenschaft des Hauptvereins zum Zeitpunkt des Verbotserlasses, die Eigenschaft als Teilorganisation dieses Hauptvereins sowie eine etwa aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erforderliche Herausnahme aus dem Verbot. Die Verbotsgründe werden dagegen nicht geprüft. Wenn eine Vereinigung eine gebietliche Teilorganisation eines Vereins darstellt, wird sie nach § 3 Abs. 3 Satz 1 VereinsG, ohne selbst einen Verbotsgrund erfüllen zu müssen, allein auf Grund ihrer Identität mit dem Gesamtverein von dessen Verbot erfasst, sofern dieses nicht ausdrücklich beschränkt wird.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Eigenschaft der „United Tribuns“ als Verein im Sinne des § 2 Abs. 1 VereinsG bejaht. In diesem Gesamtverein haben sich die Mitglieder der in der Verbotsverfügung genannten Chapter freiwillig für längere Zeit zusammengeschlossen. Gemeinsamer Zweck ist – wie sich vor allem aus ihrem Auftreten ähnlich einer Rockergruppierung ergibt – die auch gewalttätige Geltendmachung räumlicher Herrschaftsansprüche gegenüber konkurrierenden Gruppierungen, die letztlich der Einnahmeerzielung im Rotlicht- und Türstehermilieu dient und in den Bereich der Kriminalität hineinreicht. Die „United Tribuns“ verfügen ferner über eine von dem Willen der einzelnen Mitglieder losgelöste und organisierte Gesamtwillensbildung. Dieser liegt ein Regelwerk zugrunde, das zwischen Organisationsebenen unterscheidet sowie Organe und Funktionen mit bestimmten Aufgaben und Befugnissen festlegt. Diese Vorgaben sind auch im Wesentlichen umgesetzt worden.
Die örtlichen Chapter sind als gebietliche Teilorganisationen des Hauptvereins „United Tribuns“ einzuordnen. Dies folgt vor allem aus der streng hierarchischen Struktur des Gesamtvereins. Die Chapter müssen sich in diese Struktur einfügen, da sie vom Hauptverein existentiell abhängig sind. Zentrale Entscheidungs- und Steuerungsinstanz sind der „World President“ („Boki“) sowie der Vorstand, dem alle grundsätzlichen Entscheidungen innerhalb der „United Tribuns“ obliegen. Der Vorstand hat einen beherrschenden Einfluss sowohl auf die Entstehung der Chapter und deren fortdauernde Zugehörigkeit zu den „United Tribuns“ als auch auf deren organisatorische Struktur und personelle Zusammensetzung sowie auf die inhaltliche Ausrichtung ihrer Aktivitäten. Zudem ist der „World President“ auch in einzelne Aktivitäten der Chapter eingebunden.
Für die Verbotsbehörde bestand kein Anlass, den Kläger von dem Verbot auszunehmen, da sich dieser nicht von den strafgesetzwidrigen Zwecken distanziert hat.
BVerwG 6 A 5.22 – Urteil vom 24. Juli 2024
(c) BVerwG, 24.07.2024