Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, das die Unwirksamkeit von § 1 der bayerischen Verordnung über Quarantänemaßnahmen für Einreisende zur Bekämpfung des Coronavirus vom 5. November 2020 (EQV) festgestellt hat, aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.

Nach § 1 Abs. 1 EQV waren Personen, die in den Freistaat Bayern einreisten und sich innerhalb von zehn Tagen vor der Einreise in einem Risikogebiet aufgehalten hatten, verpflichtet, sich unverzüglich nach der Einreise auf direktem Weg in die eigene Wohnung zu begeben und sich für einen Zeitraum von zehn Tagen nach ihrer Einreise ständig dort abzusondern. Risikogebiet war nach § 1 Abs. 5 EQV ein Staat oder eine Region außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, für welche zum Zeitpunkt der Einreise nach Deutschland ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 bestand. Maßgeblich war die jeweils aktuelle Veröffentlichung des Robert Koch-Instituts (RKI) über die Einstufung als Risikogebiet. Die Antragsteller hielten sich vom 4. bis 10. Januar 2021 in Dubai auf, das in jenem Zeitraum als Risikogebiet eingestuft war.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 2. August 2023 festgestellt, dass § 1 EQV unwirksam war. Die Norm habe nicht auf die Ermächtigung zur Regelung von Absonderungen in § 32 i. V. m. § 30 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) gestützt werden können. Die Einreise aus einem ausländischen Risikogebiet sei grundsätzlich nicht geeignet gewesen, den von der Ermächtigungsgrundlage vorausgesetzten Ansteckungsverdacht zu begründen. Der Antragsgegner habe auch keine hinreichenden Tatsachen benennen können, die die Annahme eines tatsächlichen Ansteckungsverdachts hätten rechtfertigen können. Auf die infektionsschutzrechtliche Generalklausel des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG habe die Verordnung nicht gestützt werden können, weil deren Anwendung durch die spezielle Regelung von Absonderungen in § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG ausgeschlossen sei. Zudem habe der Verweis in § 1 Abs. 5 Satz 2 EQV auf die jeweils aktuelle Veröffentlichung des RKI über die Einstufung als Risikogebiet gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoßen. Die Bundesbehörden hätten nicht über die erforderliche Befugnis zur Feststellung von Risikogebieten verfügt.

Auf die Revision des Freistaats Bayern hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Verordnung nicht auf die infektionsschutzrechtliche Generalklausel gestützt werden konnte. Absonderungen dürfen gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG nur gegenüber Personen angeordnet werden, die mindestens ansteckungsverdächtig sind; § 1 Abs. 1 EQV verpflichtete Einreisende aus Risikogebieten zu einer Absonderung im Sinne dieser Vorschrift. Das Urteil verletzt jedoch Bundesrecht, indem es nicht in Betracht zieht, dass die tatsächlichen Umstände, die zur Einstufung eines Gebiets als Risikogebiet führten, in der damaligen Infektions- und Kenntnislage den erforderlichen generellen Ansteckungsverdacht begründen konnten. Der Verweis auf die jeweils aktuelle Veröffentlichung des RKI über die Einstufung als Risikogebiet in § 1 Abs. 5 Satz 2 EQV war mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar. Eine über die Verordnungsermächtigung hinausgehende gesetzliche Grundlage war hierfür nicht erforderlich.

Mangels tatsächlicher Feststellungen konnte das Bundesverwaltungsgericht nicht in der Sache selbst entscheiden. Das hat zur Zurückverweisung des Verfahrens an den Verwaltungsgerichtshof geführt.

BVerwG 3 CN 5.23 – Urteil vom 19. Februar 2025

Vorinstanz:

VGH München, VGH 20 N 20.2861 – Urteil vom 02. August 2023 –

Bundesverwaltungsgericht, 19.02.2025

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