Die Reinigung des Seewassersystems der schwimmenden Anlage zur Speicherung und Regasifizierung von verflüssigtem Erdgas (FSRU) Höegh Esperanza in der Jade bei Wilhelmshaven mit Chlor ist rechtmäßig. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Infolge der durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelösten Gasversorgungskrise hat die Bundesregierung den Aufbau einer Infrastruktur zum Import von verflüssigtem Erdgas beschlossen. Die erste hierfür erforderliche Genehmigung wurde für die FSRU Höegh Esperanza Ende 2022 erteilt, die im LNG-Terminal Wilhelmshaven liegt. Zugleich wurde dem Anlagenbetreiber erlaubt, Seewasser, das er u. a. für die Erwärmung des stark gekühlten Erdgases und für die Kühlung der Maschine einsetzt, wieder in die Jade einzuleiten. Das im Seewasser enthaltene Salz (Natriumchlorid) wird im Verfahren der Elektrochlorierung mittels Elektrolyse gespalten, um so Chlor zu gewinnen. Dieses wirkt dem sogenannten Biofouling, also dem Bewuchs durch Seepocken, Muscheln und andere Organismen, in den Rohrleitungen der Höegh Esperanza entgegen (Antifouling). Ohne ein effektives Antifoulingverfahren ist ein Betrieb der FSRU nicht möglich. Dem Anlagenbetreiber sind Grenzwerte u.a. für den Chlorgehalt des so entstehenden und in die Jade zurückzuführenden Abwassers vorgegeben.
Gegen die wasserrechtliche Einleitungserlaubnis hat die Deutsche Umwelthilfe geklagt und sich darauf berufen, dass das Verfahren der Elektrochlorierung nicht dem Stand der Technik entspreche. Stand der Technik sei vielmehr das biozidfreie Ultraschallverfahren.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Verfahren der Elektrochlorierung entspricht dem vom Gesetz geforderten Stand der Technik. Demgegenüber kommt dem Ultraschallverfahren dieser Status nicht zu. Für die Annahme des Stands der Technik ist es erforderlich, dass die Eignung einer Maßnahme durch eine Bewährung in der Praxis oder auf andere Weise praktisch gesichert ist. Dies ist beim Ultraschallverfahren (noch) nicht der Fall. Der bisherige Einsatz auf Seeschiffen genügt für die Annahme der praktischen Bewährung nicht. Denn das Seewassersystem einer FSRU übersteigt dasjenige eines herkömmlichen Schiffes in Komplexität und Volumen erheblich. Der Einsatz des Ultraschallverfahrens auf der weiteren in Wilhelmshaven liegenden FSRU Excelerate Excelsior kann ebenfalls nicht als praktische Bewährung angesehen werden. Diese FSRU verwendet die Ultraschallmethode zunächst nur in einer Erprobungsphase. Von ihrem Einsatz sollen zu gegebener Zeit Erkenntnisse über eine mögliche Bewährung der Technik gewonnen werden.
BVerwG 7 A 14.23 – Urteil vom 19. Dezember 2024
Bundesverwaltungsgericht, 19.12.2024