Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg muss erneut darüber entscheiden, ob das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) Zugang zu gewähren hat zu Namen und dienstlichen Kontaktdaten (E-Mail-Adressen und Telefonnummern) von Mitarbeitern von Behörden sowie von Verbänden und Bundestagsfraktionen, die am Verfahren zum Erlass einer Gebührenverordnung beteiligt waren. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Die Klägerin ist ein Unternehmen der Glasindustrie, das nach der Gebührenverordnung zu Gebühren für Amtshandlungen zur Begrenzung der EEG-Umlage für stromkostenintensive Unternehmen herangezogen wurde. Sie beabsichtigt eine Klärung der Rechtmäßigkeit dieser Verordnung. Auf Antrag gewährte ihr das Bundesministerium durch Übersendung von Aktenauszügen Zugang zu Sachinformationen zur Entstehung der Verordnung. In den Unterlagen enthaltene personenbezogene Daten wurden geschwärzt.
Dagegen richtet sich die Klage, die zuletzt noch Namen und dienstliche Kontaktdaten von Behördenmitarbeitern unterhalb der Referatsleiterebene sowie von Mitarbeitern von Verbänden und Bundestagsfraktionen betraf. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin beim Oberverwaltungsgericht hatte keinen Erfolg. Wegen des Risikos einer Weiterverbreitung der Daten im Internet und mangels überwiegenden öffentlichen Interesses an der Bekanntgabe stehe dem Informationszugang der Ablehnungsgrund des Schutzes personenbezogener Daten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG entgegen.
Auf die Revision der Klägerin hat das Bundesverwaltungsgericht das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Es bedarf zusätzlicher tatsächlicher Feststellungen zu der Frage, ob durch eine Offenbarung der Namen und Kontaktdaten Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt werden. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG setzt auf einer ersten, der einzelfallbezogenen Abwägung von Bekanntgabe- und Geheimhaltungsinteresse vorgelagerten Stufe eine erhebliche Interessenbeeinträchtigung durch eine Offenbarung personenbezogener Daten voraus. Soweit es daran fehlt, räumt der Gesetzgeber dem Bekanntgabeinteresse generell Vorrang ein.
In analoger Anwendung von § 5 Abs. 3 und 4 des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) fehlt es bei einer Offenbarung der in diesen Bestimmungen genannten personenbezogenen Daten regelmäßig an einer erheblichen Interessenbeeinträchtigung. Das allgemeine Risiko, dass zugänglich gemachte Daten durch den Antragsteller oder Dritte Verbreitung im Internet finden könnten, genügt dafür allein nicht. Dieses Ergebnis steht sowohl mit der Umweltinformationsrichtlinie der Europäischen Union als auch mit Grundrechten der Betroffenen nach dem Grundgesetz sowie der Europäischen Grundrechtecharta in Einklang. Das Oberverwaltungsgericht muss deshalb aufklären, inwieweit die hier Betroffenen dem in § 5 Abs. 3 und 4 IFG genannten Personenkreis angehören, dem eine Offenbarung von Name und Kontaktdaten regelmäßig zumutbar ist.
Quelle: Bundesverwaltungsgericht, Pressemitteilung vom 1. September 2022