Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts seine einstweilige Anordnung vom 14. Juli 2022, wiederholt durch Beschluss vom 20. Dezember 2022, mit der Maßgabe, dass der gegen den Beschwerdeführer erlassene Haftbefehl bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, längstens für die Dauer von sechs Monaten, ohne Bedingungen und Weisungen außer Vollzug gesetzt wird, erneut wiederholt.

Dem Beschwerdeführer wurde vorgeworfen, im Jahr 1981 eine Schülerin vergewaltigt und getötet zu haben. Das daraufhin gegen ihn geführte Strafverfahren endete 1983 mit einem Freispruch. Im Februar 2022 wurde es wegen neuer Beweismittel aufgrund des am 30. Dezember 2021 in Kraft getretenen § 362 Nr. 5 der Strafprozessordnung (StPO) wieder aufgenommen. Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Wiederaufnahme des ihn betreffenden Strafverfahrens nach § 362 Nr. 5 StPO und macht im Wesentlichen geltend, die angegriffene Regelung verstoße gegen Art. 103 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) und das Rückwirkungsverbot. 

Mit Beschluss vom 14. Juli 2022 hat der Senat den Vollzug des gegen den Beschwerdeführer erlassenen Haftbefehls unter der Anordnung mehrerer Weisungen ausgesetzt. So musste der Beschwerdeführer seine Ausweispapiere abgeben, sich zweimal wöchentlich bei der Staatsanwaltschaft melden und durfte das Gebiet seines Wohnortes nicht ohne deren Erlaubnis verlassen. Diese einstweilige Anordnung hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 20. Dezember 2022 wiederholt. Am 24. Mai 2023 hat der Zweite Senat über die Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache mündlich verhandelt. 

Die einstweilige Anordnung war ohne Bedingungen und Weisungen zu wiederholen. Sie erweist sich im Hinblick auf die ausgesprochene Bedingung und die dem Beschwerdeführer auferlegten Weisungen nicht mehr als verhältnismäßig. Der Beschwerdeführer ist den angeordneten Maßnahmen seit knapp einem Jahr beanstandungsfrei nachgekommen. Vor diesem Hintergrund ist das verbleibende Risiko, dass er sich einer etwaigen Strafverfolgung gleichwohl entzieht, nunmehr hinnehmbar.

Beschluss vom 16. Juni 2023
2 BvR 900/22

(c) Bundesverfassungsgericht, 20.06.23

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