Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen die Einführung der Tabaksteuer zum 1. Juli 2022 auf nikotinhaltige wie nikotinfreie Liquids für elektronische Zigaretten (E-Zigaretten) richtet. Die Verfassungsbeschwerde entspricht nicht den gesetzlichen Darlegungs- und Substantiierungsanforderungen.

Sachverhalt:

Die Beschwerdeführer sind Konsumenten von E-Zigaretten und Unternehmen, die E-Zigaretten beziehungsweise nikotinhaltige oder nikotinfreie Nachfüllbehälter für diese selbst herstellen oder herstellen lassen und in Deutschland in den Verkehr bringen.

In E-Zigaretten wird eine Substanz (sogenanntes Liquid) erhitzt; der so erzeugte Nassdampf wird vom Konsumenten inhaliert. Liquids sind mit unterschiedlichem Nikotingehalt sowie gänzlich nikotinfrei erhältlich. Zum Befüllen des bei offenen Systemen in E-Zigaretten enthaltenen Tanks können fertige Lösungen genutzt werden oder das Liquid individuell aus verschiedenen Mischkomponenten zusammengestellt und nach Wunsch durch Nikotinshots ergänzt werden. Mit Ausnahme des Nikotins sind die Mischkomponenten auch außerhalb des eigentlichen E-Zigaretten-Handels, etwa als Lebensmittelzusätze, für Endverbraucher frei erhältlich. Die Generalzolldirektion vertritt die Auffassung, dass außerhalb des E-Zigaretten-Handels erworbene Substanzen zur Herstellung von Liquids durch Endverbraucher auf Grundlage einer Steuererklärung zu versteuern seien, da die Endverbraucher durch das Mischen der Liquids zu Herstellern würden.

Wesentliche Erwägungen der Kammer:

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.

Im Hinblick auf den Grundsatz der Subsidiarität hätten die Beschwerdeführer darlegen müssen, weshalb der Rechtsweg zu den Finanzgerichten vor Einlegung einer Verfassungsbeschwerde nicht offenstand. Die Frage, ob tatsächlich die Käufer von frei verfügbaren Produkten zu Herstellern im tabaksteuerrechtlichen Sinne werden und daraus ein strukturelles Vollzugsdefizit bei einer bestimmten Norm des materiellen Steuerrechts resultieren kann, ist vorrangig durch die Finanzgerichte zu beantworten.

Außerdem wird die Beschwerdebefugnis nicht hinreichend dargelegt. Soweit die Beschwerdeführer darauf verweisen, dass es sich bei der Tabaksteuer um eine Verbrauchsteuer handele, folgt eine Grundrechtsbetroffenheit aus der Qualität der Verbrauchsteuer jedenfalls dann noch nicht, wenn ungewiss ist, ob die Steuerlast die Beschwerdeführer tatsächlich erreicht oder erreichen wird. Die Beschwerdeführer setzen sich nicht damit auseinander, dass sich schon der Gesetzgeber wegen der Preissensibilität in diesem Marktsegment nicht in der Lage sah zu beurteilen, inwieweit die Unternehmen die entstehenden höheren Kosten über die Preisgestaltung auch für Tabakwaren, erhitzten Tabak und nikotinhaltige Substanzen zur Verwendung in E-Zigaretten an die Bürgerinnen und Bürger weitergeben werden.

Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) durch ein strukturelles Vollzugsdefizit der Tabaksteuer ist nicht den Substantiierungsanforderungen genügend begründet. Es wird schon nicht deutlich, weshalb Veräußerer und Hersteller von Tabakerzeugnissen auf der einen Seite und „Hersteller“ von Liquids, die auf dem freien Markt erhältliche Produkte zum Mischen verwenden, auf der anderen Seite im Rahmen des Normenvollzugs vergleichbare Fallgruppen darstellen. Aus dem Vorbringen, dass andere Konsumenten aufgrund der Besteuerung von Substituten für Tabakwaren zur Eigenherstellung von Liquids für den Eigenbedarf verleitet werden würden und es unwahrscheinlich sei, dass diese die erworbenen Waren versteuerten, wird kein Vollzugsdefizit erkennbar. Zwar erscheint eine Zunahme von Eigenherstellung grundsätzlich möglich. Dass es sich hierbei zukünftig tatsächlich um den Regelfall des Besteuerungsverfahrens und damit um ein Vollzugsdefizit struktureller Natur handelt, wird jedoch insbesondere mit Blick darauf, dass auch Faktoren wie etwa Gewohnheit oder Gesundheitsschutz eine Rolle spielen können, nicht dargelegt.

Soweit die Beschwerdeführer geltend machen, die im Vergleich zum Rauchtabak geringere Gesundheitsgefährdung spiegele sich in der Höhe der Besteuerung nicht wider, legen sie ebenfalls eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nicht dar. Bei der Ausgestaltung verhaltenslenkender Steuern kommt dem Gesetzgeber ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zu. Die vom Konsum von E-Zigaretten ausgehenden Gefahren wurden von den im Gesetzgebungsverfahren angehörten Sachverständigen – wie auch in den von den Beschwerdeführern vorgelegten Gutachten – unterschiedlich beurteilt. Hierauf gehen die Beschwerdeführer nicht genügend ein.

Die weiter gerügte Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG ist ebenso nicht substantiiert begründet.

Bundesverfassungsgericht, 12.12.2024

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