Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, mit der sich der Beschwerdeführer, ein usbekischer und russischer Staatsangehöriger, gegen die Durchsuchung einer Motoryacht wendet.

Die Durchsuchung steht in Zusammenhang mit Sanktionen der Europäischen Union gegen russische Staatsangehörige –  darunter der Beschwerdeführer – in Reaktion auf die russische Invasion der Ukraine. Der Beschwerdeführer war zumindest in der Vergangenheit geschäftlich in Russland tätig. Wegen des Verdachts strafbarer Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz ordnete das Amtsgericht die Durchsuchung einer Motoryacht an, die die Staatsanwaltschaft dem Beschwerdeführer wirtschaftlich zurechnete. Dieser sieht sich durch die Durchsuchungsanordnung in mehreren Grundrechten verletzt, insbesondere in Art. 13 Abs. 1 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung) sowie – wegen Medienberichten nach der Durchsuchung – in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unzulässig. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Medienberichterstattung wendet, fehlt es an der erforderlichen Rechtswegerschöpfung. Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist insoweit nicht die Durchsuchungsordnung als solche, sondern allein die Art und Weise der Durchsuchung, gegen die der Beschwerdeführer zunächst die Fachgerichte hätte anrufen müssen. Soweit er sich gegen die Durchsuchungsanordnung wendet und eine Verletzung des Art. 13 Abs. 1 GG rügt, hat der Beschwerdeführer insbesondere seine Beschwerdebefugnis nicht hinreichend dargelegt. Er hat es versäumt aufzuzeigen, dass die Motoryacht seiner räumlichen Privatsphäre zuzurechnen ist und damit in den ihm zuzuordnenden persönlichen Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG fällt. Im Hinblick auf seine weiteren Grundrechtsrügen hat der Beschwerdeführer ein fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis nicht hinreichend dargelegt.

Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer, ein usbekischer und russischer Staatsangehöriger, war zumindest in der Vergangenheit in Russland geschäftlich tätig. In Reaktion auf die russische Invasion der Ukraine setzte die Europäische Union den Beschwerdeführer auf ihre Sanktionsliste. Am 26. September 2022 ordnete das Amtsgericht die Durchsuchung einer Motoryacht an, die dem Beschwerdeführer nach Auffassung der Staatsanwaltschaft wirtschaftlich zuzurechnen sei. Es bestehe der Verdacht, dass der Beschwerdeführer seiner Pflicht zur Anzeige von Wertgegenständen nach § 23a des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) in der damals geltenden Fassung nicht nachgekommen sei, was gemäß § 18 Abs. 5b AWG strafbar sei. Die Durchsuchung wurde am 27. September 2022 vollzogen. Die gegen die Durchsuchungsanordnung gerichtete Beschwerde verwarf das Landgericht mit Beschluss vom 8. Mai 2023 als unbegründet.

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung mehrerer Grundrechte. Insbesondere habe das Landgericht seinen Vortrag zu Art. 13 Abs. 1 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung) nicht beachtet. Die tatsächlich durchgeführte Durchsuchung verletze den Beschwerdeführer in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht, weil die Presse über diese umfangreich berichtet habe, wodurch sein Ruf erheblich beeinträchtigt worden sei.

Wesentliche Erwägungen der Kammer:

Die Verfassungsbeschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil sie offensichtlich unzulässig ist.

1. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die nach Durchführung der Durchsuchung erfolgte Medienberichterstattung wendet und eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts rügt, fehlt es bereits an der formellen Erschöpfung des Rechtswegs. Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist insoweit allein die Art und Weise der Durchsuchung, gegen die als Rechtsweg der Antrag auf gerichtliche Entscheidung analog § 98 Abs. 2 Satz 2 Strafprozessordnung (StPO) zur Verfügung steht. Dass der Beschwerdeführer einen solchen Antrag gestellt hat, hat er weder dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich.

2. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Durchsuchungsanordnung wendet und eine Verletzung des Art. 13 Abs. 1 GG rügt, genügt seine Verfassungsbeschwerde weder den gesetzlichen Darlegungsanforderungen noch den Anforderungen der materiellen Subsidiarität. Im Hinblick auf seine weiteren Grundrechtsrügen hat er ein Rechtsschutzbedürfnis nicht aufgezeigt.

a) Der Beschwerdeführer hat nicht aufgezeigt, in Hinblick auf die Motoryacht überhaupt Träger des Grundrechts aus Art. 13 Abs. 1 GG zu sein. Denn er hat nicht dargelegt, dass diese seiner räumlichen Privatsphäre zuzurechnen ist. Jedenfalls bei nicht eindeutigen Besitzverhältnissen bedarf es substantiierten Vortrags dazu, warum die persönliche Privatsphäre einer natürlichen Person von der Durchsuchung berührt und sie in ihrem eigenen Wohnungsgrundrecht betroffen sein soll.

b) Jedenfalls aber genügt die Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf die Rüge des Art. 13 Abs. 1 GG nicht den Anforderungen der materiellen Subsidiarität.

Über die bloße formelle Erschöpfung des Rechtswegs hinaus muss ein Beschwerdeführer alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden sachnächsten Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen. Ein Beschwerdeführer muss daher im Ausgangsverfahren den Sachverhalt so darlegen, dass eine verfassungsrechtliche Prüfung möglich ist.

Der Beschwerdeführer hat vor den Fachgerichten keine hinreichenden tatsächlichen Umstände dafür vorgetragen, dass die Durchsuchung der Motoryacht für ihn den Schutzbereich von Art. 13 Abs. 1 GG berühren könnte. Das Landgericht war dementsprechend nicht gehalten, die Durchsuchungsanordnung am Maßstab des Art. 13 Abs. 1 GG auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen.

c) Der Beschwerdeführer hat schließlich im Hinblick auf seine weiteren Grundrechtsrügen kein fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt.

Mit Vollziehung der Durchsuchung hat sich diese Zwangsmaßnahme erledigt. Ein gleichwohl fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis an der verfassungsgerichtlichen Überprüfung der die Durchsuchungsanordnung betreffenden Gerichtsentscheidungen ist weder dargelegt noch sonst erkennbar. Insbesondere hat der Beschwerdeführer nicht aufgezeigt, dass ein tiefgreifender und folgenschwerer, sich typischerweise schnell erledigender Grundrechtseingriff vorliegt. Ein solcher folgt auch nicht aus der Betroffenheit von Art. 13 Abs. 1 GG, wenn – wie hier – der Beschwerdeführer die Unverletzlichkeit der Wohnung gerade nicht substantiiert rügt.

Beschluss vom 14. November 2023
1 BvR 1498/23

(c) Bundesverfassungsgericht, 04.01.2024

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