Am heutigen Tage hat Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier Frau Richterin des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Gabriele Britz die Entlassungsurkunde ausgehändigt. Sie scheidet nach Ablauf ihrer 12-jährigen Amtszeit aus dem Dienst. Wegen ihrer Verdienste um die Bundesrepublik Deutschland verlieh ihr der Bundespräsident bei diesem Anlass das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.
Frau Prof. Dr. Britz wurde im Jahr 1968 in Jugenheim an der Bergstraße geboren. Von 1987 bis 1992 studierte sie Rechtswissenschaft in Frankfurt am Main und legte im Jahr 1992 ihr Erstes juristisches Staatsexamen ab. 1993 promovierte sie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main mit einer Doktorarbeit über kommunale Energieversorgung. Im Jahr 1994 war sie Visiting Scholar an der John F. Kennedy School of Government. Nach dem Zweiten juristischen Staatsexamen im Jahr 1997 erhielt sie bis zum Jahr 2000 ein Habilitationsstipendium des Landes Hessen. 1999 war Frau Prof. Dr. Britz Visiting Scholar an der Yale Law School. Im Jahr 2000 wurde sie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität mit der Arbeit „Kulturelle Rechte und Verfassung“ habilitiert. 2001 wurde ihr der Heinz Maier-Leibnitz-Preis (Deutsche Forschungsgemeinschaft) verliehen. Nach Lehrstuhlvertretungen an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Universität Bielefeld in den Jahren 2000 und 2001 und nachdem sie Rufe an die Universität Bremen und die Johannes Gutenberg-Universität Mainz abgelehnt hatte, nahm Frau Prof. Dr. Britz 2001 einen Ruf an die Justus-Liebig-Universität Gießen an und ist dort seitdem Professorin für Öffentliches Recht und Europarecht. Zudem war sie von 2001 bis 2002 Mitglied im UN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung (CERD) und von 2008 bis 2011 Mitglied des Fachkollegiums Rechtswissenschaften der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Frau Prof. Dr. Gabriele Britz wurde am 17. Dezember 2010 durch den Bundesrat zum Mitglied des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts gewählt und vom Bundespräsidenten am 2. Februar 2011 zur Richterin des Bundesverfassungsgerichts ernannt. Ihr Dezernat umfasste zunächst insbesondere das Familienrecht, Kinder- und Jugendhilferecht und Eltern-/Erziehungsgeld und später insbesondere das öffentliche Umweltrecht, Fachplanungsrecht, Baurecht und Regulierungsrecht sowie Teile des Sozialrechts (SGB II und SGB XII) und das Recht des öffentlich-rechtlichen Datenschutzes, soweit landesrechtliche Regelungen im Streit stehen.
Als Berichterstatterin hat sie zahlreiche bedeutende Senatsverfahren vorbereitet. Hierzu gehören insbesondere Entscheidungen zum Ausschluss von Ausländern vom Erziehungsgeld (unter anderem BVerfGE 130, 240), die Entscheidung zur Sukzessivadoption durch gleichgeschlechtliche Paare (BVerfGE 133, 59), zur behördlichen Vaterschaftsanfechtung (BVerfGE 135, 48), zur Berücksichtigung der Großeltern bei der Vormundauswahl (BVerfGE 136, 382), zum Scheinvaterregress (BVerfGE 138, 377), zum Betreuungsgeld (BVerfGE 140, 65), zum Abstammungsklärungsanspruch (BVerfGE 141, 186), zur Dritten Option beim Geschlechtseintrag (BVerfGE 147,1), zum Lebensmittelpranger (BVerfGE 148, 40), zur Begrenzung gerichtlicher Kontrolle durch den fachwissenschaftlichen Erkenntnisstand (BVerfGE 149, 407), zum Ausschluss der Stiefkindadoption (BVerfGE 151, 101), zum Versorgungsausgleich (unter anderem BVerfGE 153, 358), zur 16. Atomgesetz-Novelle (BVerfGE 155, 378), zum Vertrauensschutz bei Offshore-Windparks (BVerfGE 155, 238), zum Klimaschutz (BVerfGE 157, 30), zu IT-Sicherheitslücken (BVerfGE 158, 170), zum Bayerischen Verfassungsschutzgesetz (Urteil vom 26. April 2022 – 1 BvR 1619/17 -), zum Verbot von Windenergieanlagen im Wald (Beschluss vom 27. September 2022 – 1 BvR 2661/21 -), zum Polizeigesetz Mecklenburg-Vorpommern (Beschluss vom 9. Dezember 2022 – 1 BvR 1345/21 -) und zur automatisierten Datenanalyse (Urteil vom 16. Februar 2023 – 1 BvR 1547/19 und 1 BvR 2634/20 -).
Zudem war sie Berichterstatterin in zahlreichen Kammerverfahren, darunter vielen, teils stattgebenden Entscheidungen zu Sorgerechtsentzug, Fremdunterbringung und Rückführung von Kindern in ihre Familien (unter anderem Beschluss vom 20. Januar 2016 – 1 BvR 2742/15 -; Beschluss vom 3. Februar 2017 – 1 BvR 2569/16 -), zu Rechten leiblicher Väter (unter anderem Beschluss vom 25. September 2018 – 1 BvR 2814/17 -) sowie zum effektiven Rechtsschutz und zur Gewährung von Prozesskostenhilfe in Verfahren zur Grundsicherung (SGB II) und zur Sozialhilfe (SGB XII) (unter anderem Beschluss vom 14. März 2019 – 1 BvR 169/19 -; Beschluss vom 8. Juli 2020 – 1 BvR 1094/20 -).
Frau Dr. Miriam Meßling, geboren 1973 in Wuppertal, tritt als Nachfolgerin von Frau Prof. Dr. Gabriele Britz in den Ersten Senat ein. Sie ist derzeit Vizepräsidentin des Bundessozialgerichts. Frau Dr. Meßling wurde am 31. März 2023 vom Bundesrat zur Richterin des Bundesverfassungsgerichts gewählt und hat heute vom Bundespräsidenten ihre Ernennungsurkunde erhalten.
Quelle: Bundesverfassungsgericht, Pressemitteilung vom 17. April 2023