Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf der Grundlage des im Jahr 2020 reformierten Wohnungseigentumsrechts in zwei Verfahren weitere Vorgaben zu den Voraussetzungen gemacht, unter denen die Wohnungseigentümer eine von einer Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung abweichende Kostentragung beschließen können. 

Verfahren V ZR 236/23 

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf: 

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Zu der Anlage gehört eine Tiefgarage mit 15 Stellplätzen. Die Gemeinschaftsordnung aus dem Jahr 1971 ordnet die Nutzung der Stellplätze ausschließlich bestimmten Wohneinheiten zu. Zudem regelt die Gemeinschaftsordnung, dass die Kosten für die Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums in und an der Garagenhalle ausschließlich von diesen Wohneinheiten zu tragen sind. Die Einheit der Klägerin verfügt nicht über ein Sondernutzungsrecht an einem Stellplatz. Im April 2022 beschlossen die Wohnungseigentümer, das Dach der Garage sanieren zu lassen und die damit verbundenen Kosten auf sämtliche Wohnungseigentümer im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile umzulegen. 

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Anfechtungsklage, der das Amtsgericht stattgegeben hat. Nachdem ihre Berufung ohne Erfolg geblieben ist, verfolgt die beklagte Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision ihren Klageabweisungsantrag weiter. 

Entscheidung des Bundesgerichtshofs: 

Der Bundesgerichtshof hat der Revision stattgegeben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde: 

Nach der Gemeinschaftsordnung sind die bei der Sanierung des Tiefgaragendaches entstehenden Kosten nur von den Einheiten mit Sondernutzungsrecht an einem Stellplatz zu tragen. Die beschlossene Verteilung der Kosten nach Miteigentumsanteilen führt dazu, dass auch Wohnungseigentümer ohne Stellplatz – wie die Klägerin – für die Sanierung des Tiefgaragendachs zahlen müssen; der Beschluss sollte die in der Gemeinschaftsordnung vereinbarte objektbezogene Kostentrennung zwischen Gebäude und Tiefgarage gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG konstitutiv ändern. Die erforderliche Beschlusskompetenz besteht – wie der Bundesgerichtshof in der Sache V ZR 81/23 bereits entschieden hat – auch dann, wenn der Kreis der Kostenschuldner verändert wird, indem – wie hier – Wohnungseigentümer erstmals mit Kosten belastet werden. 

Da das Landgericht entgegen dieser – erst nach Erlass des angefochtenen Urteils ergangenen – Rechtsprechung die Beschlusskompetenz verneint hatte, hat der Bundesgerichtshof das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. 

Nunmehr wird das Landgericht klären müssen, ob die Beschlüsse ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen; zu prüfen ist dies nur dann, wenn – wie hier – innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist Klage gegen die Beschlüsse erhoben worden ist. Zu der insoweit erforderlichen Prüfung von Anfechtungsgründen hat der Bundesgerichtshof nähere Vorgaben gemacht. Inwieweit es bei einer vereinbarten objektbezogenen Kostentrennung ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen kann, durch Beschluss auch die zuvor kostenbefreiten Wohnungseigentümer an den auf einen der Gebäudeteile entfallenden Erhaltungskosten zu beteiligen, war bislang ungeklärt. Nach dem bis zum 30. November 2020 geltenden Recht waren derartige Beschlüsse schon mangels Beschlusskompetenz ohne Weiteres nichtig. Der Bundesgerichtshof hat zu der neuen Rechtslage nun entschieden, dass es bei einer vereinbarten objektbezogenen Kostentrennung in der Regel ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht, durch Beschluss auch die übrigen Wohnungseigentümer an den auf diesen Gebäudeteil (hier der Tiefgarage) entfallenden Kosten zu beteiligen. Denn in typisierender Betrachtung ist davon auszugehen, dass die vereinbarte Kostentrennung für die konkrete Anlage grundsätzlich angemessen ist. Regelmäßig wird die objektbezogene Kostentrennung nämlich deshalb vereinbart, weil sich Gebrauch bzw. Gebrauchsmöglichkeiten besonders stark unterscheiden, wie es insbesondere in Anlagen mit unterschiedlich genutzten Gebäudeteilen oder in Mehrhausanlagen der Fall ist. Daher bedarf es in dieser Fallkonstellation – anders als bei üblichen Beschlüssen über die Änderung der Kostenverteilung – eines sachlichen Grundes, damit die Kosten auf alle Wohnungseigentümer verteilt werden dürfen. 

Wann ein sachlicher Grund für die Einbeziehung der übrigen Wohnungseigentümer besteht, hängt von der jeweiligen Fallgestaltung ab und lässt sich nicht abschließend vorgeben. In dem hier zu entscheidenden Fall könnte es jedenfalls ausreichend sein, wenn die Kosten der Beseitigung von Schäden dienen, die von dem übrigen Gemeinschaftseigentum außerhalb der Tiefgarage herrühren. Ebenso kann ein sachlicher Grund gegeben sein, wenn sich das Problem, für dessen Beseitigung die Kosten anfallen, auf die gesamte Anlage erstreckt, und aus diesem Grund eine Gesamtsanierung der Anlage unter Beteiligung aller Wohnungseigentümer beschlossen wird. Hingegen stellt es bei einer vereinbarten objektbezogenen Kostentrennung zwischen Tiefgarage und Gebäude für sich genommen keinen sachlichen Grund für eine Beteiligung aller Miteigentümer dar, dass die Kosten Teile des Gemeinschaftseigentums betreffen, die auch für das übrige Gemeinschaftseigentum – insbesondere aus Gründen der Statik – von Bedeutung sind. 

Verfahren V ZR 128/23 

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf: 

Die Klägerinnen sind Mitglieder der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Zu der Anlage gehören – neben den Gewerbeeinheiten der Klägerinnen – 30 Wohnungseigentumseinheiten sowie insgesamt 25 Garagen/Stellplätze, für die jeweils Teileigentum begründet worden ist. In der Teilungserklärung aus dem Jahr 1984 ist geregelt, dass öffentliche Abgaben, Betriebskosten und Instandsetzungskosten jeweils nach Miteigentumsanteilen getragen werden. Für die Heizungskosten sieht die Teilungserklärung eine Umlage nach dem Verhältnis der beheizten Flächen vor. Der in der Teilungserklärung ausgewiesene Miteigentumsanteil ist bezogen auf die Grundfläche bei den Wohnungen etwa viermal größer als bei den Gewerbeeinheiten, ein Hundertstel Miteigentum entspricht also bei den Wohneinheiten etwa 25 m², bei den Gewerbeeinheiten etwa 100 m². In einer Eigentümerversammlung im Jahr 2021 wurde beschlossen, die aktuell nach Miteigentumsanteilen umgelegten Kosten zukünftig nach der beheizbaren Wohnfläche zu verteilen und diesen Schlüssel auch für die Zuführung zu der Erhaltungsrücklage anzuwenden. Darüber hinaus wurde auf der Grundlage des Gesamtwirtschaftsplans und der Einzelwirtschaftspläne über die Vorschüsse für das Jahr 2022 beschlossen. 

Gegen diese Beschlussfassung wenden sich die Klägerinnen mit ihrer Anfechtungsklage, der das Amtsgericht stattgegeben hat. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der von dem Bundesgerichtshof zugelassenen Revision wollten die Klägerinnen die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen. 

Entscheidung des Bundesgerichtshofs: 

Der Bundesgerichtshof hat die Revision zurückgewiesen. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde: 

Die angefochtenen Beschlüsse sind rechtmäßig. Die Beschlusskompetenz zur Abänderung des geltenden Verteilungsschlüssels ergibt sich aus § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG. Anders als zuvor begründet nunmehr § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG (auch) eine Kompetenz zur Änderung des Verteilungsschlüssels für die Zuführung zu Rücklagen. Grund für die fehlende Beschlusskompetenz nach dem alten Recht war, dass § 16 Abs. 4 WEG aF eine Änderung der Kostenverteilung nur für den Einzelfall ermöglichte, während Rücklagen für den zukünftigen, noch nicht konkret vorhersehbaren Bedarf bestimmter Maßnahmen gebildet werden. Eine solche Beschränkung enthält § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG nicht mehr. 

Bei der beschlossenen Änderung der Kostenverteilung handelt es sich zudem um eine abweichende Verteilung für bestimmte Arten von Kosten im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG und nicht – wie die Klägerinnen gemeint hatten – um eine nicht von der Beschlusskompetenz gedeckte generelle Änderung des Verteilungsschlüssels. Nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG können die Wohnungseigentümer für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine abweichende Verteilung beschließen. Wie die Formulierung „bestimmte Arten von Kosten“ zu verstehen ist, war bislang umstritten. Der Bundesgerichtshof hat jetzt entschieden, dass diese Formulierung lediglich das allgemein für Beschlüsse geltende Bestimmtheitserfordernis hervorhebt und keine darüber hinausgehenden Anforderungen begründet. 

Der Bundesgerichtshof hat auch die Annahme des Landgerichts, der Beschluss über die Änderung des Verteilungsschlüssels entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung, nicht beanstandet. Die auf § 16 Abs. 3 WEG aF gestützte Änderung einer vereinbarten Verteilung von Betriebskosten, die bestimmte Wohnungseigentümer privilegierte, entsprach nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn es für die vereinbarte Privilegierung keinen sachlichen Grund gab. Der Bundesgerichtshof hat jetzt geklärt, dass die gleichen Grundsätze für die nunmehr eröffnete Änderung des Verteilungsschlüssels nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG gelten. Die Würdigung des Landgerichts, dass der alte Verteilungsschlüssel die Teileigentümerinnen der Gewerbeeinheiten unbillig privilegiert hat, weil die Gewerbeeinheiten gemessen an der Fläche nur mit etwa einem Viertel an den Kosten für Abgaben, Betriebskosten und Erhaltung beteiligt wurden und für diese Privilegierung kein sachlicher Grund bestand, ist rechtsfehlerfrei. 

Vorinstanzen: 

V ZR 236/23 

AG Clausthal-Zellerfeld – Urteil vom 21. Februar 2023 – 44 C 5/22 (XIII) 

LG Braunschweig – Urteil vom 13. Oktober 2023 – 6 S 47/23 

und 

V ZR 128/23 

AG Düsseldorf – Urteil vom 9. Mai 2022 – 290a C 99/21 

LG Düsseldorf – Urteil vom 31. Mai 2023 – 25 S 60/22

Urteile vom 14. Februar 2025 – V ZR 236/23 und V ZR 128/23

BGH, 14.02.2025

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