Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) die bisherige Rechtslage zur Vorratsdatenspeicherung in Deutschland gekippt hat, wird von verschiedenen Stellen eine europarechtskonforme Speicherung von IP-Adressen gefordert. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) unterstützt das vom Bundesjustizminister geplante Konzept eines anlassbezogenen „Quick-Freeze“. Gleichzeitig warnt der DAV davor, berechtigte Interessen – wie den Kinderschutz – zur Einschränkung von Grundrechten zu instrumentalisieren.
„Eine anlasslose Überwachung ist nie im Sinne des Rechtsstaats“, so Rechtsanwalt Swen Walentowski, Leiter politische Kommunikation des DAV. Das vom Bundesjustizminister Marco Buschmann vorgeschlagene „Quick-Freeze“-Verfahren berücksichtige das und sehe einen Richtervorbehalt vor. „Nach Jahren der Debatte hat der EuGH die Vorratsdatenspeicherung ausgeräumt. Dass nun versucht wird, deren Überreste in eine neue rechtliche Regelung zu zwingen, ist beschämend“, so der stellvertretende Hauptgeschäftsführer.
Die Luxemburger Richter hatten die Möglichkeit, IP-Adressen zur Bekämpfung schwerer Kriminalität anlasslos zu speichern, zumindest nicht verneint. Nach Auffassung des DAV sei das jedoch ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Bürgerrechte. Auch dürfen sich Überwachungsmaßnahmen nicht der gerichtlichen Kontrolle entziehen.
Daher warnt der DAV auch davor, den berechtigten Schutz vor Kindesmissbrauch und den Grundrechtsschutz nicht gegeneinander auszuspielen. „Die Befürworter der Vorratsdatenspeicherung argumentieren mit der berechtigten Bekämpfung von Kindesmissbrauch. Dies ist vor dem Hintergrund des tatsächlichen Nutzens zumindest bedenklich“, führt Walentowski aus. Der tatsächliche Nutzen einer IP-Adressen-Speicherung bei Ermittlungen sei schließlich fraglich, bedenkt man, dass diese etwa zur Verfolgung von Aktivitäten im sogenannten „Dark Web“ ungeeignet sei.
Zu den genauen Inhalten des vom Bundesjustizministerium vorgelegten Entwurfs nimmt der DAV gesondert Stellung.
Quelle: Deutscher Anwaltverein, Pressemitteilung vom 26. Oktober 2022