Der 7. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart hat heute zwei 61- und 53-jährige deutsche Staatsangehörige wegen der versuchten Gründung einer terroristischen Vereinigung als Rädelsführer zu Freiheitsstrafen von einem Jahr und sechs Monaten sowie einem Jahr und zwei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Der Senat hat festgestellt, dass die Angeklagten Anfang April 2021 gemeinsam den Entschluss fassten, eine paramilitärische Söldnereinheit, bestehend insbesondere aus ehemaligen und aktiven Angehörigen der Bundeswehr, zur Begehung von Kampfhandlungen im jemenitischen Bürgerkrieg zu gründen. Nach ihrer Vorstellung sollte die 100 bis 150 Mann starke Söldnergruppe aktiv in den jemenitischen Bürgerkrieg eingreifen. Zunächst sollte die Söldnergruppe ein von den Huthi-Rebellen gehaltenes Gebiet durch Demonstration militärischer Stärke, falls erforderlich auch mit Waffengewalt, unter ihre Kontrolle bringen. Auf diese Weise wollten sie Friedensverhandlungen zwischen den Huthi-Rebellen und der international anerkannten jemenitischen Regierung erzwingen und letztlich den seit 2014 andauernden Bürgerkrieg beenden.
Beiden Angeklagten war bewusst, dass ein solcher Einsatz zwangsläufig mit Tötungshandlungen im Rahmen von kriegerischen Auseinandersetzungen sowie mit Opfern in der Zivilbevölkerung verbunden sein würde, was sie auch billigten. Die Angeklagten ließen sich hierbei auch von christlich-fundamentalistisch gefärbten Vorstellungen sowie von Wahrsagungen einer türkischen Seherin beeinflussen. Daneben handelten sie aus eigenem Gewinnstreben.
Dem gemeinsamen Tatplan entsprechend versuchte einer der Angeklagten, auf verschiedenen Wegen aufgrund seiner internationalen Beziehungen Kontakt zu saudi-arabischen Regierungsstellen aufzunehmen, die – nach der Vorstellung der Angeklagten – das Vorhaben finanzieren und zusätzlich benötigte militärische Ressourcen bereitstellen sollten. Gleichzeitig begann der andere Angeklagte, ihm bekannte Personen, weitgehend ehemalige und aktive Angehörige der Bundeswehr, anzusprechen, um diese für den geplanten Einsatz im Jemen zu gewinnen.Feste Zusagen, sich an der geplanten Kampfeinheit zu beteiligen, erhielten die Angeklagten trotz in Aussicht gestellter Entlohnungsbeträge im fünfstelligen Bereich nicht. Finanzierungsanfragen blieben unbeantwortet. Auch wenn die Angeklagten im weiteren Verlauf mit zeitlichen Verzögerungen in der Umsetzung ihres Vorhabens rechneten, insbesondere, weil es sich als schwierig darstellte, das Königreich Saudi-Arabien oder einen anderen finanzkräftigen Investor für das Vorhaben zu gewinnen, hielten beide am ursprünglichen Tatplan fest. Ihre Bemühungen blieben jedoch bis zu ihrer Festnahme am 20. Oktober 2021 erfolglos.
Die beiden Angeklagten wurden während des Verfahrens am 22. August 2022 nach zehnmonatiger Untersuchungshaft unter Auflagen aus der Haft entlassen und die Haftbefehle dazu außer Vollzug gesetzt. Der Senat hat seit dem 9. Juni 2022 an 19 Tagen verhandelt und im Rahmen der Beweisaufnahme neun Zeugen und zwei Sachverständige vernommen. Außerdem wurden zahlreiche Telefongespräche, Text- und Sprachnachrichten sowie Urkunden in die Hauptverhandlung eingeführt.
Dem Urteil liegt keine Verständigung nach § 257c StPO zu Grunde. Strafmildernd wurden bei beiden Angeklagten insbesondere ihre umfassenden Geständnisse sowie der Umstand berücksichtigt, dass sie nicht vorbestraft sind. Im Wesentlichen deshalb und im Hinblick auf die bereits verbüßte Untersuchungshaft konnte die Vollstreckung der Freiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt werden. Der Senat hat die gegen die Angeklagten bereits außer Vollzug gesetzten Haftbefehle aufgehoben.
Alle Beteiligte haben auf Rechtsmittel verzichtet. Das Urteil ist damit rechtskräftig.
Quelle: Oberlandesgericht Stuttgart, Pressemitteilung vom 24. Oktober 2022