Das Völkerstrafrecht befähigt unter anderem die Bundesanwaltschaft, im Ausland begangene Völkerrechtsverbrechen ohne Bezug zu Deutschland zu verfolgen. Seit 2002 geschieht dies nach den Regeln des Völkerstrafgesetzbuches (VStGB). Für Delikte nach dem Völkerstrafgesetzbuch besteht bisher keine Nebenklagemöglichkeit. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßt Bestrebungen, dies zu ändern. Im November wird sich die Justizministerkonferenz mit dem Thema auseinandersetzen.
„Dass Opfer von Gewaltverbrechen vor Gericht als Nebenkläger auftreten, ist seit dem 19. Jahrhundert gängige Praxis. Opfern von Verbrechen des Völkerstrafrechts bleibt dies bislang jedoch in weiten Teilen zu Unrecht verwehrt“, so Rechtsanwalt Dr. Nikolaos Gazeas vom DAV-Ausschuss Gefahrenabwehrrecht.Die Strafprozessordnung (StPO) sieht eine Nebenklagemöglichkeit für Opfer von klassischen allgemeinen Delikten vor – etwa bei Tötungs- und Körperverletzungsdelikten, Vergewaltigungen oder Menschenhandel. „Ausgerechnet die Tatbestände des Völkerstrafrechts, die mit zu den schwerwiegendsten überhaupt zählen, sind davon ausgenommen“, erklärt der Rechtsanwalt weiter. Unter den vom VStGB abgedeckten Delikten finden sich unter anderem der Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Bedarf in der Politik erkannt
Die Hamburger Justizsenatorin hat diese Lücke im Opferschutz erkannt und sich mit einem entsprechenden Vorschlag an die Justizministerkonferenz gewandt. Auch Thüringens Justizminister schloss sich der Forderung an. „Die zu Unrecht bislang bestehende Lücke kann durch eine einfache Änderung der Strafprozessordnung korrigiert werden. Es ist an der Zeit, dies zu tun“, so der Kölner Rechtsanwalt und Lehrbeauftragte an der Universität zu Köln Gazeas.
Quelle: Deutscher Anwaltverein, Pressemitteilung vom 18. Oktober 2022