Am Mittwoch, den 12. Januar 2022, beginnt die Hauptverhandlung im Staatsschutzverfahren gegen die 44-jährige deutsche Staatsangehörige Stefanie A. aus Schleswig-Holstein, der vorgeworfen wird, im Sommer 2016 nach Syrien ausgereist zu sein, um sich dort dem „Islamischen Staat“ (IS) anzuschließen. In Begleitung ihres damals fast 14-jährigen Sohnes soll sie seinerzeit ihrem Ehemann nachgereist sein, der bereits seit dem Vorjahr als Kämpfer des IS aktiv gewesen sein soll. Zusammen mit ihrem Ehemann soll die Angeklagte ab Februar 2017 bis Anfang 2018 in die Strukturen des IS eingegliedert in Syrien gelebt haben. Der gemeinsame Sohn sei im Februar 2018 ums Leben gekommen; vorher sei er als Rekrut des IS ausgebildet und als Kämpfer eingesetzt worden.
Nach ihrer Ankunft in Syrien soll die Angeklagte sich mit ihrem Sohn zunächst in die Obhut der IS-nahen Jihadistenmiliz „Jund al-Aqsa“ in Idlib begeben haben, um mit deren Hilfe nach Raqqa zu gelangen. Ihr 14-jähriger Sohn sei in die Truppen der Miliz aufgenommen worden, die mit rivalisierenden Milizen im bewaffneten Konflikt gestanden habe, und als Kämpfer ausgebildet worden. Im Februar 2017 seien die Angeklagte und ihr Sohn, der bis dahin Wachdienste für die inzwischen „Liwa al-Aqsa“ genannte Miliz versehen habe, mit deren Anhängern ins Herrschaftsgebiet des IS gelangt. Zusammen mit ihrem Ehemann und ihrem Sohn soll die Angeklagte dann zunächst in Raqqa und später in Gharanji und Hajin gelebt und vom IS finanziell unterstützt worden sein. Währenddessen soll sie einen Sprengstoffgürtel und ein Gewehr besessen und geführt haben.
Als Rekrut des IS habe ihr Sohn zunächst den religiös-ideologischen Teil der Kämpferausbildung und später – vermutlich nach seinem 15. Geburtstag – den militärischen Teil der Ausbildung absolviert und sei anschließend im syrischen Bürgerkrieg eingesetzt worden. Infolge eines Bombenangriffs auf ein Haus in der Nachbarschaft der Familienwohnung in Hajin, Syrien sei der zu diesem Zeitpunkt 15 Jahre alte Sohn am 23. Februar 2018 verstorben.
Nachdem die Angeklagte und ihr Ehmann den sich zurückziehenden Truppen des IS zunächst gefolgt waren, sollen sie sich im Februar 2019 in Baghouz kurdischen Kräften ergeben haben. Die Angeklagte soll daraufhin in das Lager Al-Hawl nahe Al-Hasaka gebracht worden sein, das sie Ende 2020/Anfang 2021 in die Türkei verlassen habe. Am 24. März 2021 wurde die Angeklagte nach Deutschland überstellt, wo sie bei ihrer Ankunft festgenommen wurde. Seitdem befindet die Angeklagte sich in Untersuchungshaft.
Der Generalbundesanwalt wirft der Angeklagten die Mitgliedschaft in ausländischen terroristischen Vereinigungen in mehreren Fällen vor. Zugleich soll sich die Angeklagte durch die Eingliederung ihres Sohnes in bewaffnete Gruppen im Zusammenhang mit einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt sowie durch Beihilfe zur aktiven Teilnahme an den Feindseligkeiten wegen Kriegsverbrechen gegen Personen nach dem Völkerstrafgesetzbuch (§ 8 Abs. 1 Nr. 5 VStGB) strafbar gemacht haben. Weiterhin wird der Angeklagten in Bezug auf ihren Sohn eine Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht sowie fahrlässige Tötung vorgeworfen.
Quelle: OLG Hamburg, Pressemitteilung vom 5. Januar 2022