Justizminister Prof. Dr. Roman Poseck setzte heute seine Behördenbesuche am Landgericht Kassel fort. Der Minister hat sich mit Albrecht Simon, Präsident des Landgerichtes Kassel, unter anderem über die beim Landgericht Kassel unmittelbar bevorstehende Einführung der elektronischen Akte ausgetauscht. Darüber hinaus ist er mit Vertreterinnen und Vertretern der Gremien, mit Assessorinnen und Assessoren sowie mit Referendarinnen und Referendaren ins Gespräch gekommen.
Das Landgericht Kassel pilotiert ab dem 14. November 2022 die elektronische Akte in landgerichtlichen Zivilsachen. Dabei kommt die bereits im Landgericht Limburg erfolgreich erprobte Software zum Einsatz. Die Pilotierung bezieht sich neben der weiteren Erprobung der Software vor allem auf das Vorgehen bei der Einführung der Software im Gericht („Rollout“). Die elektronische Aktenführung betrifft alle Neueingänge ab dem Beginn der Pilotierung, wobei die elektronischen Verfahrensakten für eine Übergangszeit neben den weiterhin führenden Verfahrensakten in Papier angelegt und bearbeitet werden.
Der Hessische Minister der Justiz Prof. Dr. Roman Poseck sagte: „Die ab November vorgesehene Einführung der elektronischen Akte am Landgericht Kassel ist ein weiterer wichtiger Schritt zur elektronischen Aktenführung in der hessischen Justiz. Die Kasseler Justiz ist Vorreiter bei der Digitalisierung; so arbeiten auch schon das Sozialgericht Kassel seit dem vergangenen Jahr und das Verwaltungsgericht Kassel seit diesem September mit der elektronischen Akte. Die Umstellung des Landgerichts auf die Software soll in drei Phasen erfolgen. Zunächst werden den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in einer Informationsveranstaltung Grundlagen zur Implementierung der elektronischen Akte vermittelt. Darauf folgen verschiedene Schulungen, sodann soll am 14. November die Umstellung auf die elektronische Aktenführung beginnen. Besonders wichtig ist es dabei, alle Bediensteten in dem Veränderungsprozess einzubinden. Dieser technische Wandel ist eine enorme Herausforderung für die Beteiligten. Er muss während einer ohnehin hohen Belastung umgesetzt werden. Daher möchte ich mich schon im Voraus bei allen Bediensteten bedanken, die dazu beitragen, dass das E-Justice Projekt erfolgreich umgesetzt wird. Jede einzelne Pilotierung einer elektronischen Akte trägt zur Digitalisierung der gesamten hessischen Justiz bei.“
Außerdem betonte der Minister, dass im Sommer Strafverfahren am Landgericht Kassel platzen mussten, da eine Vorschrift, wonach Gerichtsprozesse aufgrund von Infektionsschutzmaßnahmen länger als üblich unterbrochen werden konnten, ausgelaufen ist. „Über den gesamten Sommer war das Infektionsgeschehen hoch, so dass Prozesse aufgrund von Corona-Erkrankungen von Verfahrensbeteiligten verschoben werden mussten. Das Auslaufen der alten Regelung des § 10 EGStPO hat zum Platzen von einzelnen Strafverfahren geführt, so auch zum Beispiel am Landgericht Kassel, und zahlreiche Verfahren in einen Grenzbereich gebracht. Diese Schwierigkeiten waren absehbar und vermeidbar. Es war ein Fehler des Bundesgesetzgebers, die aus Anlass der Corona-Pandemie geschaffene Unterbrechungsregelung überhaupt auslaufen zu lassen. Hessen und andere Länder haben sich gegenüber Bundesjustizminister Marco Buschmann von Anfang an für die Wiedereinführung der Unterbrechungsregel eingesetzt. Herr Buschmann hat zwar inzwischen reagiert und eine Wiedereinführung der Regelung auf den Weg gebracht – nur kam dies viel zu spät. Das Platzen von Prozessen hätte verhindert werden können, wenn es erst gar nicht zur Aussetzung der Regelung gekommen wäre. Es ist eine große Leistung der Justiz, dass sie trotz der Corona-Pandemie handlungsfähig geblieben ist. Neben dem großen Engagement der Bediensteten bedarf es auch eines sinnvoll angepassten rechtlichen Rahmens, damit der Rechtsstaat erfolgreich durch die Pandemie kommt“, sagte Justizminister Prof. Dr. Roman Poseck abschließend.
Quelle: Hessisches Ministerium der Justiz, Pressemitteilung vom 6. Oktober 2022