Die Bundesanwaltschaft hat am 16. September 2022 vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Koblenz Anklage gegen die deutsche Staatsangehörige Nadine K. erhoben.
Die Angeschuldigte ist der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland hinreichend verdächtig (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB). Im Zusammenhang damit werden ihr zudem Beihilfe zum Völkermord (§ 6 Abs. 1 VStGB, § 27 StGB), Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 Abs. 1 VStGB, § 27 StGB), Kriegsverbrechen (§ 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 VStGB) sowie Verstöße gegen das Waffenrecht (§ 22a Abs. 1 Nr. 6 KrWaffKontrG; § 52 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 Buchst. b), § 2 Abs. 2 und 3 WaffG) vorgeworfen. Die zur Last gelegten Verhaltensweisen erfüllen zum Teil auch Tatbestände nach dem StGB (§§ 177, 233a, 239 StGB in der jeweils geltenden Fassung).
In der nunmehr zugestellten Anklageschrift ist im Wesentlichen folgender Sachverhalt dargelegt:
Im Dezember 2014 folgte Nadine K. ihrem Ehemann nach islamischem Ritus von Deutschland aus zunächst in die Türkei und reiste mit ihm anschließend in das Herrschaftsgebiet der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat (IS)“ in Syrien. In der Folge schlossen sich die Eheleute der Organisation als Mitglieder an. Ab Frühjahr 2015 hielt sich das Paar in Mossul auf, wo die Angeschuldigte den Haushalt führte und die gemeinsame Tochter im Sinne der IS-Ideologie erzog. Die Familie lebte in einem Haus, dessen rechtmäßige Bewohner vor der Vereinigung geflohen oder von dieser vertrieben worden waren. Dort lagerten Nadine K. und ihr Ehemann eine große Anzahl von Sprengstoff und Waffen, darunter Handgranaten, Sturmgewehre des Typs Kalaschnikow und eine Glock-Pistole. Zudem richteten sie in dem Haus mit Genehmigung und gegen Bezahlung durch den IS eine Aufnahmestelle für alleinstehende weibliche Mitglieder ein. Die Eheleute sorgten nicht nur für die Beherbergung und Verpflegung der Frauen, sondern unterstützten diese auch bei Heiraten oder Scheidungen vor dem Scharia-Gericht. Ab dem Frühjahr 2016 hielten sich Nadine K. und ihr Mann eine jesidische Frau als Sklavin. Der Mann vergewaltigte und schlug die Frau regelmäßig, was Nadine K. wusste. Sie selbst überwachte, dass die Gefangene nicht fliehen konnte. Zudem zwang das Paar die Sklavin zur unentgeltlichen Hausarbeit und Kinderversorgung. Die Frau musste täglich nach islamischem Ritus beten und während Ramadan die Fastenzeiten einhalten. Dies alles diente dem erklärten Ziel des IS, den jesidischen Glauben zu vernichten.
Im Herbst 2016 zog Nadine K. mit ihrer Familie und der Sklavin nach Syrien und lebte bis Anfang März 2019 im IS Herrschaftsgebiet. Erst danach erlangte die jesidische Frau ihre Freiheit wieder. Nadine K. befand sich seit März 2019 in Gefangenschaft bei kurdischen Kräften in Syrien. Im Zuge ihrer Wiedereinreise nach Deutschland wurde sie am 31. März 2022 festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft.
Quelle: Generalbundesanwalt, Pressemitteilung vom 28. September 2022