In Saarbrücken beginnt heute der 31. EDV-Gerichtstag. Auf der traditionsreichen Veranstaltung werden in insgesamt 15 Arbeitskreisen aktuelle Themen zum Oberbegriff „Digitales Rechtssystem“ diskutiert. Für das Niedersächsische Justizministerium nimmt Staatssekretär Dr. Frank-Thomas Hett an der Veranstaltung teil.
Dr. Hett: „Die Justiz macht derzeit in der Digitalisierung ihrer Abläufe große Fortschritte. Überall dort, wo die Justiz in Niedersachsen bereits digital arbeitet, spüre ich bei den Beschäftigten große Zufriedenheit durch die gewonnene Flexibilität. Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, welchen Wert ein flexibles Arbeiten für uns alle haben kann. Und dort, wo die Digitalisierung nun kommt, erlebe ich in der niedersächsischen Justiz den Willen und die Vorfreude auf das Neue.“
In Niedersachsen wird bereits an den Arbeitsgerichten Oldenburg, Lingen, Wilhelmshaven und Emden, beim Sozialgericht Stade, in den Zivilabteilungen der Landgerichte Oldenburg, Göttingen, Hildesheim und Osnabrück und in einem Teil der Insolvenzabteilung beim Amtsgericht Hannover mit der elektronischen Akte gearbeitet. Die Amtsgerichte Aurich, Braunschweig, Hameln und Syke führen inzwischen elektronische Grundakten in Grundbuchsachen. Nach und nach wird bei den sechs Schiffsregistergerichten in Brake, Cuxhaven, Emden, Meppen, Stade und Wilhelmshaven auf die elektronische Schiffsregisterführung umgestellt. Alle Gerichte in Niedersachsen sind in der Lage, Videoverhandlungen durchzuführen.
Im Jahr 2023 liegt der Fokus auf dem Rollout der elektronischen Gerichtsakte an allen niedersächsischen Fachgerichten, bei den Land- und Oberlandesgerichten in Zivilsachen sowie in amtsgerichtlichen Zivil- und Insolvenzsachen.
„Zugleich ist es wichtig, dass wir alle Beschäftigten von den Vorteilen des digitalen Arbeitens überzeugen – und auch die entsprechenden Voraussetzungen schaffen“, so Dr. Hett. „Dazu gehören selbstverständlich auch passgenaue Lösungen beim Thema Barrierefreiheit.“
Auch die Künstliche Intelligenz in der Justiz spielt auf dem EDV-Gerichtstag in Saarbrücken eine Rolle. Niedersachsen hat hier in der Vergangenheit zahlreiche Projekte vorangetrieben. Dr. Hett: „Einen „Robo Judge“ wird es nicht geben. Dafür spielen vor Gericht zu oft Werteentscheidungen im Einzelfall eine Rolle, bei denen der Mensch im Mittelpunkt steht. Aber Künstliche Intelligenz kann und soll unsere Arbeitsabläufe optimieren und unsere Arbeitsplätze noch attraktiver machen.“
Niedersachsens Justiz erprobt derzeit erste KI-basierte Textanalyse- und Strukturierungswerkzeuge, die es erleichtern, die Inhalte der Vorgänge zu erfassen, mit externen Informationen und den vorliegenden Beweismitteln zu verknüpfen und die bei der Aufbereitung der Entscheidungsgrundlagen unterstützen. Auch sollen Werkzeuge erprobt werden, die in Massenverfahren Entwürfe von Abschlussentscheidungen erstellen können, so dass der entscheidende Mensch von Routinearbeiten entlastet wird.
Gemeinsam mit Bayern hat Niedersachsen zudem ein Forschungsprojekt mit der Universität Regensburg gestartet, in dem die Entwicklung einer Strukturierungssoftware für den Parteivortrag im Mittelpunkt steht. Es soll erprobt werden, in welchen Fällen und in welcher Ausgestaltung Vorgaben für die Strukturierung des Parteivortrags Vorteile für das Verfahren und die Prozessbeteiligten bringen können.Im Justizvollzug wurde zudem ein weiteres Forschungsprojekt gestartet, das den Einsatz Künstlicher Intelligenz zur Suizidprävention und Verbesserung der Sicherheit in niedersächsischen Justizvollzugsanstalten im Rahmen der kameragestützten Überwachung zum Ziel hat.
Quelle: Niedersächsisches Justizministerium, Pressemitteilung vom 16. September 2022