Das Justizministerium in Baden-Württemberg plant, die Jurist*innenausbildung zu reformieren. Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) beurteilt dies „grundsätzlich positiv, jedoch gehen die Reformvorschläge nicht weit genug,“ so Jitka Hrubant, Vorsitzende des djb-Landesverbandes Baden-Württemberg.
Im Einzelnen sieht der Entwurf vor, dass Referendar*innen mit Sorgeverantwortung einen Teilzeitanspruch erhalten sollen. Dies ist ein wichtiger Schritt zu einer inklusiveren juristischen Ausbildung. Der Entwurf „bringt jungen Menschen, die vielfältige Herausforderungen neben der Ausbildung stemmen müssen, nicht den Respekt und das Vertrauen entgegen, die sie verdienen,“ meint Helene Evers, Vorsitzende des djb-Arbeitsstabs Ausbildung und Beruf.
Denn die geplante Reform bleibt sogar noch hinter dem neuen § 5b Abs. 6 S. 2 DRiG, der das bundesgesetzliche Leitbild ist, zurück. Anders als im reformierten Deutschen Richtergesetz, soll der Teilzeitanspruch nicht durch eine Härtefallregelung erweitert werden. Personen, die mit einer Schwerbehinderung oder anderen gravierenden Erkrankungen das Referendariat bestreiten oder Verantwortung für Menschen übernehmen, mit denen sie nicht in gerader Linie verwandt oder verheiratet sind, sind daher nicht anspruchsberechtigt. Den begünstigten Personenkreis so extrem zu begrenzen, kann und darf aber nicht das Ziel der Reform sein, wenn diese die große Vielfalt moderner Lebensrealitäten tatsächlich anerkennen will.
Jeder Person, die einmal Sorgeverantwortung getragen hat, ist außerdem klar, dass die Reduzierung der Arbeitszeit um ein Fünftel unzureichend ist. Dass sich das Referendariat dadurch um ein Viertel verlängert, ist rechnerisch wenig plausibel. Zudem besteht der prekäre Status der Referendar*innen dann über einen noch längeren Zeitraum hinweg. Dies ist umso gravierender, wenn die ohnehin geringe Unterhaltsbeihilfe – wie geplant – weiter reduziert wird.
Der djb kritisiert zudem, dass die Reform die Inhalte des Jurastudiums nicht angeht. Obwohl § 5a DRiG dies nun vorgibt, sollen in Baden-Württemberg weder die kritische Reflexion des Rechts noch eine Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und der SED-Diktatur zum Pflichtstoff werden. Damit Jurist*innen ihrer Verantwortung in einem demokratischen Rechtsstaat aber gerecht werden können, müssen das Missbrauchspotential des Rechts und die Auseinandersetzung mit struktureller Diskriminierung ins Zentrum der Ausbildung rücken. Der djb hat daher in einer aktuellen Stellungnahme konstruktive Änderungsvorschläge unterbreitet.
Quelle: Deutscher Jusristinnenbund e.V., Pressemitteilung vom 26. August 2022