Das Bundeskabinett hat gestern eine Formulierungshilfe beschlossen, mit der erneut eine Hemmung der Unterbrechungs- und Verkündungsfristen nach der Strafprozessordnung eingeführt werden soll. Im Einklang mit den weiteren Maßnahmen zur Pandemievorsorge ist die Regelung bis zum 7. April 2023 befristet.
Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt dazu:
„Auch im Bereich der Strafjustiz kümmern wir uns darum, dass wir gut auf die Corona-Situation im Herbst und Winter vorbereitet sind. Wir haben dafür im Justizministerium eine Regelung erarbeitet, die verhindern wird, dass Hauptverhandlungen von vorne beginnen müssen, wenn sie wegen der Corona-Auswirkungen länger unterbrochen werden müssen. So bleibt die Strafjustiz weiterhin handlungsfähig, auch wenn die Hauptverhandlung für mehrere Wochen nicht fortgesetzt werden kann, etwa weil sich Verfahrensbeteiligte in eine Quarantäne begeben mussten.“
Eine erste Regelung zur Hemmung des Ablaufs von strafprozessualen Unterbrechungsfristen war durch das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020 eingeführt worden (§ 10 Einführungsgesetz zur Strafprozessordnung). Diese als Ausnahmeregelung konzipierte Vorschrift ist zum 30. Juni 2022 außer Kraft getreten.
Für den Fall eines weiteren Bedarfs in der Justizpraxis wegen des Pandemiegeschehens hat das Bundesjustizministerium die Regelung evaluiert. Es hat hierzu die Landesjustizverwaltungen, die Richtervereinigungen und die Anwaltsvereinigungen darum gebeten, Erfahrungen mit der Hemmungsregelung und etwaige Vorschläge für eine Anpassung der Vorschrift mitzuteilen.
Die Evaluation hat ergeben, dass es in der Vergangenheit in der Regel lediglich zu kürzeren pandemiebedingten Unterbrechungen gekommen ist, für die eine Höchstfrist von einem Monat ausreichend ist. Voraussichtlich wird das Erfordernis längerfristiger pandemiebedingter Unterbrechungen zukünftig noch weiter abnehmen, weil sich die Mindestdauer der Isolation zwischenzeitlich erheblich verkürzt hat und aktuell nur noch fünf Tage beträgt. Gleichzeitig ist der wichtige strafprozessuale Verfahrensgrundsatz der Konzentrationsmaxime zu beachten. Dieser dient dazu, die Hauptverhandlung möglichst „in einem Zug“ durchzuführen. Dies dient der Sicherung der Wahrheitsfindung und dem Schutz des oder der Angeklagten vor den Belastungen langer Hauptverhandlungen.
Auf der Grundlage der Evaluation und der oben genannten Erwägungen ist das Bundesjustizministerium zu dem Ergebnis gekommen, dass der Hemmungstatbestand zum Herbst wiedereingeführt werden soll, aber die Höchstdauer der Hemmung auf einen Monat (gegenüber zuletzt zwei Monaten) verkürzt werden soll. Eine Hauptverhandlung könnte damit für längstens zwei Monate und zehn Tage unterbrochen werden. Die neue Regelung gewährleistet damit einen angemessenen Ausgleich zwischen den besonderen Erfordernissen der Pandemie und der Konzentrationsmaxime.
Die Regelungen zur Hemmung der Unterbrechungs- und Verkündungsfristen in der Formulierungshilfe, die Teil der vom Bundeskabinett beschlossenen Änderungsanträge für die Koalitionsfraktionen zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19 ist, finden Sie hier.
Quelle; Bundesministerium der Justiz, Pressemitteilung vom 25. August 2022