Im Rahmen der Verbändeanhörung hat der Deutsche Anwaltverein (DAV) seine Stellungnahme zum geplanten Bürgergeld abgegeben. Der DAV begrüßt die angestoßene Weiterentwicklung des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB II), sieht aber im Detail Verbesserungsbedarf, etwa beim Kreis der Berechtigten oder im Rahmen rentenrechtlicher Vorschriften. Im Rahmen der geplanten Schlichtungsverfahren muss die Möglichkeit anwaltlicher Beratungshilfe bestehen.
Der mit Einführung des Bürgergelds einhergehende Bürokratie-Abbau ist dringend notwendig. Der Kreis der Berechtigten müsse jedoch hinterfragt werden, erläutert Rechtsanwalt Prof. Dr. Hermann Plagemann, Vorsitzender des Ausschusses Sozialrecht des DAV: „Die Einführung des Bürgergelds soll ‚mehr Chancenklarheit und gesellschaftliche Teilhabe‘ ermöglichen. Vor diesem Hintergrund ist es zweifelhaft, ob der Ausschluss von Leistungen an Ausländer:innen und Asylsuchende sachgerecht und mit EU-Recht vereinbar ist.“ Die Politik sei aufgerufen, auch diesen Bürger:innen Chancengleichheit zu eröffnen.
Das Bürgergeld zielt auf „mehr soziale Sicherheit in einer modernen Arbeitswelt“ ab. Konsequenterweise müssten Bürgergeld-Phasen auch im Versicherungsverlauf der Rentenversicherung abgebildet werden und Rentenanwartschaften begründen. „Dies wäre sinngerecht, um Altersarmut zu vermeiden und den Menschen, die während der Erwerbsphase auf Bürgergeld angewiesen waren, nach Erreichen der Altersgrenze eben auch gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen“, so Plagemann.
Das geplante Schlichtungsverfahren ist ausdrücklich zu begrüßen. Derartige Konzepte fördern die Kommunikation und das Verständnis für die Situation der Menschen auf der anderen Seite. „Das Schlichtungsverfahren darf die Möglichkeit der Überprüfung von Entscheidungen seitens des Jobcenters nicht unterlaufen oder begrenzen“, mahnt der Ausschussvorsitzende. „Das gilt auch für den Anspruch auf Beratungshilfe.“
Quelle: Deutscher Anwaltverein, Pressemitteilung vom 19. August 2022