Weniger Wohnungseinbrüche und Diebstahldelikte, dafür mehr Straftaten im Zusammenhang mit Darstellungen sexualisierter Gewalt gegen Kinder sowie im Bereich Cybercrime: Die Kriminalitätslage in Deutschland hat sich während der COVID-19-Pandemie verändert. Hohe Infektionszahlen, eine eingeschränkte Mobilität und die beschleunigte Digitalisierung sowie wirtschafts- und gesundheitspolitische Maßnahmen führten beispielsweise zu einem Rückgang der Straßenkriminalität, aber einer Zunahme einzelner Wirtschafts- und Betrugsdelikte. Für das zweite Jahr der Pandemie wurde zudem ein gestiegenes Aggressionspotenzial bei Demonstrationen gegen die Anti-Corona-Maßnahmen verzeichnet. Das geht aus dem heute vom Bundeskriminalamt (BKA) veröffentlichten Bericht „Auswirkungen von COVID-19 auf die Kriminalitätslage in Deutschland“ hervor.
Der Bericht zeigt, dass insbesondere in Monaten mit steigenden bzw. hohen Infektionszahlen die Anzahl begangener Straftaten in vielen Deliktsbereichen niedriger war. So wich das Kriminalitätsaufkommen vor allem während der beiden Lockdown-Phasen im März/April und November/Dezember 2020 sowie zu Jahresbeginn 2021 von der Zeit vor der Pandemie ab. Insgesamt hat sich der seit Jahren kontinuierlich rückläufige Trend der Straftatenanzahl auch während der Pandemie fortgesetzt. Der Rückgang bei der Anzahl begangener Straftaten fiel dabei in 2021 weniger stark aus als in 2020.
Im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität schlug sich die Pandemie hauptsächlich in Protesten gegen die staatlichen Maßnahmen zu ihrer Eindämmung nieder. Dabei waren sowohl die Anzahl an Protesten als auch das Aggressionspotenzial bei diesen im zweiten Pandemiejahr höher.
Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie haben zu einem Rückgang der Mobilität in der Bevölkerung und zu einem vermehrten Aufenthalt im häuslichen Umfeld geführt. Dies könnten Erklärungsansätze für den deutlichen Rückgang der Fallzahlen in den Deliktsbereichen des Wohnungseinbruchdiebstahls, Ladendiebstahls oder Taschendiebstahls sein. Insbesondere die Zahlen des Wohnungseinbruchdiebstahls lagen in den Jahren 2020 und 2021 deutlich unterhalb des Niveaus vor der Pandemie (-36,6 Prozent im Vergleich zu 2019).
Während der COVID-19-Pandemie haben sich die Digitalisierung der Gesellschaft deutlich beschleunigt und die Nutzung des Internets und sozialer Medien noch einmal verstärkt. Hierdurch boten sich vermehrt Angriffsmöglichkeiten für Cyberkriminelle und Gelegenheiten für Straftaten im Zusammenhang mit der Darstellung sexualisierter Gewalt gegen Kinder und sexuellen Missbrauch von Kindern. Der bereits seit Jahren zu beobachtende Trend steigender Fallzahlen hat sich in beiden Bereichen während der Pandemie noch einmal verstärkt. Bei den Straftaten unter Nutzung des Internets als Tatmittel kam es während der Pandemiejahre zu einer Steigerung der Fallzahlen um über 30 Prozent verglichen mit 2019. Bei der Darstellung sexualisierter Gewalt gegen Kinder wurde gar eine Steigerung um über 100 Prozent im Vergleich zu 2019 verzeichnet.
Das BKA beobachtet die Entwicklung der Kriminalitätslage im Kontext der der COVID-19-Pandemie sehr genau. Bei einer weitgehenden Rückkehr zu vorpandemischen Alltagsroutinen ist auch in den Deliktsbereichen mit einer statistischen Annäherung an die Jahre vor der Pandemie zu rechnen. Sollten die Corona-Infektionszahlen jedoch wieder steigen und Gegenmaßnahmen nötig werden, könnten sich die während der letzten beiden Jahre festgestellten Entwicklungen wiederholen. Zu beachten gilt, dass der Bericht nur die Anzahl der polizeilich bekannt gewordenen Straftaten darstellt. Mögliche Auswirkungen der Pandemie auf das Anzeigeverhalten und auf Entdeckungswahrscheinlichkeiten werden statistisch nicht erfasst.
Quelle: Bundeskriminalamt, Pressemitteilung vom 9. August 2022