Die Umsetzungsfrist der Richtlinie (EU) 2019/1158 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige ist am 2. August 2022 abgelaufen, ohne dass diese im deutschen Recht vollständig umgesetzt wurde.
Die Vereinbarkeitsrichtlinie soll die Chancengleichheit von Frauen auf dem Arbeitsmarkt und die Gleichbehandlung fördern und die Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben für alle Arbeitnehmer*innen erleichtern. In der Richtlinie sind dafür individuelle Rechte vorgesehen – diese gilt es zeitnah und vollständig umzusetzen.
„Insbesondere ein vergüteter Freistellungsanspruch für den zweiten Elternteil nach der Geburt unabhängig von der Elternzeit ist längst überfällig. Obwohl ein solcher Anspruch in der EU-Richtlinie und im Koalitionsvertrag vorgesehen ist, warten wir noch immer auf die Umsetzung.“, so die Präsidentin des djb, Prof. Dr. Maria Wersig.
Die Bundesregierung hat zur Umsetzung der Richtlinie einen Gesetzentwurf vorgelegt. Dieser schafft jedoch kaum Verbesserungen und beseitigt die bestehenden Defizite nicht (siehe Stellungnahme des djb vom 4. Mai 2022).
Der djb fordert insbesondere:
- analog zum Mutterschutz eine zweiwöchige und vergütete Freistellungspflicht für die Partnerin oder den Partner nach der Geburt eines Kindes einzuführen;
- eine diskriminierungsfreie Inanspruchnahme des Freistellungsrechts nach der Geburt auch bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zu gewährleisten;
- die Vergütung bei der Freistellung nach der Geburt des zweiten Elternteils an der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder am Mutterschaftsgeld zu orientieren;
- den Freistellungsanspruch des zweiten Elternteils anlässlich der Geburt auf Selbstständige auszuweiten und die finanzielle Absicherung von selbstständigen Eltern generell zu verbessern;
- die Möglichkeiten für Arbeitnehmer*innen zu verbessern, sich für die Pflege von Angehörigen oder im gleichen Haushalt lebenden Personen freistellen zu lassen;
- den Kündigungsschutz bei der Inanspruchnahme von Eltern- und Pflegezeiten zu stärken;
- die Telearbeit in das Antragsrecht für flexible Arbeitsregelungen einzubeziehen.
Quelle: Deutscher Juristinnenbund e.V., Pressemitteilung vom 4. August 2022