Die Bundesministerin des Innern und für Heimat, Nancy Faeser, hat heute gemeinsam mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, in der Bundespressekonferenz in Berlin den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2021 vorgestellt.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser: „Wir gehen entschieden gegen die Feinde unserer Demokratie vor. Die größte extremistische Bedrohung für unsere Demokratie ist weiterhin der Rechtsextremismus. Vor allem sehen wir hier weiter eine hohe Gewaltbereitschaft. Mein Aktionsplan sieht klare Maßnahmen vor: Wir müssen Radikalisierungen stoppen, rechtsextreme Netzwerke zerschlagen und Extremisten konsequent die Waffen entziehen. Hier hatten wir in den letzten Wochen wichtige Ermittlungserfolge.

Auch im gewaltorientierten Linksextremismus besteht ein hohes Radikalisierungsniveau. Gegen linksextremistische Gewalt brauchen wir weiterhin ein sehr konsequentes und frühzeitiges Einschreiten. Genauso bleiben unsere Sicherheitsbehörden gegenüber islamistischer Terrorgefahr sehr wachsam und greifen durch, wo es nötig ist. Das Gefährdungspotenzial bleibt hoch.

Die zunehmend komplexen geheimdienstlichen Aktivitäten anderer Staaten sind eine ernsthafte Bedrohung. Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine hat die Bedrohungslage eine neue Dimension gewonnen. Das haben wir sehr genau im Blick. Wir verteidigen die innere Sicherheit und den inneren Frieden in Deutschland gegen russische Spionage, gegen Einflussnahmeversuche, gegen Lügen und Kriegspropaganda. Putins Lügen verfangen nicht in Deutschland.“

BfV-Präsident Thomas Haldenwang: „Der Verfassungsschutzbericht zeigt, dass es zahlreiche Bedrohungen aus sehr unterschiedlichen Bereichen für unsere Demokratie und die Sicherheit der Bevölkerung gibt. Das Personenpotential ist in fast allen extremistischen Phänomenbereichen erneut angestiegen. Verfassungsfeinde sind sehr heterogen: Auf der einen Seite sehen wir diejenigen, die ihre Ablehnung gegen den Staat vereint, auf der anderen Seite beobachten wir selbstradikalisierte einzeln agierende Täter und digitalen Extremismus im Netz. Auffällig ist die in nahezu jedem Phänomenbereich anzutreffende Ausbreitung der Desinformation. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, diese durch Richtigstellungen und Aufklärung zu neutralisieren. Der Verfassungsschutz arbeitet mit Hochdruck, um sich all diesen Entwicklungen entgegenzustellen.“

Für das Jahr 2021 wurden insgesamt 33.476 politisch motivierte Straftaten mit extremistischem Hintergrund ausgewiesen (2020: 32.924). Davon waren 2.994 (2020: 2.707) Gewalttaten.

Im Rechtsextremismus ist das Personenpotenzial weiter angewachsen und liegt bei 33.900 (2020: 33.300). Auch der Anteil der gewaltbereiten Rechtsextremisten ist abermals auf nunmehr 13.500 (2020: 13.300) gestiegen.

Ziel von Rechtsextremisten blieb auch im Jahr 2021 die Anschlussfähigkeit an bürgerlich-demokratische Kreise. Dazu instrumentalisierten sie zum Beispiel die Proteste gegen die staatlichen Corona-Schutzmaßnahmen oder die Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz.

Die Verbreitung antisemitischer sowie verschwörungsideologischer Narrative wurde im Zuge der Corona-Pandemie verstärkt. Die rechtsextremistische Szene vernetzt und radikalisiert sich weiter im Internet.

Das Personenpotenzial der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ ist im Vergleich zum Vorjahr erneut um 1.000 Personen auf insgesamt 21.000 angewachsen. Dieser Anstieg ist vor allem auf die Proteste gegen die staatlichen Corona-Schutzmaßnahmen zurückzuführen, die eine erhöhte Dynamik und Aktivität in Teilen dieser Szene zur Folge hatten. Bis Ende 2021 wurden mindestens 1.050 „Reichsbürgern und Selbstverwaltern“ die waffenrechtlichen Erlaubnisse entzogen. Gleichwohl besteht weiterhin ein hohes Gewalt- und Gefährdungspotenzial durch Waffenbesitz.

Das BfV hat im April 2021 den neuen Phänomenbereich „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ eingerichtet. Die Akteure dieses Phänomenbereichs zielen darauf ab, wesentliche Verfassungsgrundsätze außer Geltung zu setzen oder die Funktionsfähigkeit des Staates oder seiner Einrichtungen erheblich zu beeinträchtigen. Hierzu betreiben sie eine zielgerichtete Verächtlichmachung des demokratischen Systems und seiner Funktionsträger. Die Angehörigen des Phänomenbereichs zielen auf die Radikalisierung und Mobilisierung von Teilen der Bevölkerung, um ihre eigene Agenda voranzubringen. Auch über die Corona-Pandemie hinausgehend werden Krisensituationen zur Delegitimierung des Staates genutzt.

Das linksextremistische Personenpotenzial ist im Jahr 2021 auf insgesamt 34.700 Personen gestiegen (2020: 34.300). Mehr als jeder vierte Linksextremist ist als gewaltorientiert einzuschätzen. Linksextremisten reagierten äußerst aggressiv auf die Räumung von Szeneobjekten und verübten eine Vielzahl von Straf- und Gewalttaten.

Im Vergleich zum Vorjahr ergibt sich im Bereich Islamismus/Islamistischer Terrorismus ein leicht verringertes Personenpotenzial von 28.290 Personen (2020: 28.715). Gleichwohl besteht die Gefährdung durch den islamistischen Terrorismus in Deutschland unvermindert fort. Die Bedrohung in Deutschland und Europa geht weiter vorwiegend von jihadistisch inspirierten oder angeleiteten Einzeltätern sowie Kleinstgruppen mit einfachen und leicht zu beschaffenden Tatmitteln aus.

Das Personenpotenzial im auslandsbezogenen Extremismus belief sich im Jahr 2021 auf insgesamt 28.650 Personen und bleibt somit im Vergleich zum Vorjahr unverändert.

Die Hauptakteure der gegen Deutschland gerichteten Spionage, für nachrichtendienstlich gesteuerte Cyberangriffe, Proliferation und Einflussnahme sind mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten die Russische Föderation, die Volksrepublik China, die Islamische Republik Iran und die Republik Türkei. Vor allem Russland betreibt Einflussnahme, insbesondere durch Desinformation. Auch der Umfang politischer Spionage und Einflussnahmeaktivitäten durch China hat erheblich zugenommen.

Den Verfassungsschutzbericht 2021 finden Sie unter:

www.bmi.bund.de/VSB2021

www.verfassungsschutz.de

Quelle: Bundesministerium des Innern und für Heimat, Pressemitteilung vom 7. Juni 2022

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