Mit einem begeisternden Vortrag der Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts Gallner zum Thema „Recht in Europa“ endete am Dienstag die 54. Richterwoche des Bundessozialgerichts, die nach zwei Jahren am 30. und 31. Mai 2022 wieder als Präsenzveranstaltung durchgeführt wurde.
Zur Eröffnung der Veranstaltung, die unter dem Motto „Corona-Pandemie: Rechtsstaat, Sozialstaat“ stand, verwies der Präsident des Bundessozialgerichts Prof. Dr. Schlegel am Montag auf die vielfältigen Veränderungen im gesellschaftlichen Leben und der Arbeitswelt, die zwei Jahre Pandemie hervorgerufen haben und auch vor dem Bundessozialgericht nicht Halt gemacht hätten. Der Ehrengast, Präsident des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Harbath, betonte in seinem Vortrag die Bedeutung des Sozial- und Rechtsstaats in der Krise. Er nahm dabei auf die 70-jährige Geschichte des Bundesverfassungsgerichts und die von diesem geprägten verfassungsrechtlichen Leitlinien des sozialen Rechtsstaats Bezug. Grußworte der Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales Kramme und des Oberbürgermeisters der Stadt Kassel Geselle gaben Einblicke in die durch die Pandemie offenbar gewordenen strukturellen Probleme, etwa diejenigen großer Krankenhäuser.
Frau Prof. Dr. Jochimsen, Professorin für allgemeine Volkswirtschaftslehre und Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, beleuchtete den individuellen und gesellschaftlichen Nutzen der Erfassung von Gesundheitsdaten einerseits und datenschutzrechtliche Hürden anderseits. Die Herausforderungen der Pandemie für die gesetzliche Krankenkassen standen im Mittelpunkt des Vortrags von Frau Dr. Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands. Sie stellte dabei die Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von Bevölkerungsschutz und Gesundheitsversorgung und der damit einhergehenden Aufgaben- und Finanzverantwortung dar.
Uwe Lübking, Beigeordneter beim Deutschen Städte- und Gemeindebund, vervollständigte den Blick auf Pandemiefolgen aus kommunaler Sicht. Die soziale Daseinsvorsorge sei eine zentrale kommunale Aufgabe nicht nur in der Pandemie. Ihre wirkungsvolle Gestaltung setze eine klare Aufgabenverteilung zwischen Bund, den Ländern und Kommunen und eine längerfristige Finanzierungs- sicherheit voraus, an der es vielfach fehle.
Die Richterwoche des Bundessozialgerichts ist eine jährlich stattfindende Fortbildungsveranstaltung, die sich vornehmlich an Richterinnen und Richter der Sozialgerichtsbarkeit, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie Vertreterinnen und Vertreter von Sozialversicherungsträgern, Behörden, Kommunen, Politik und Wissenschaft richtet.
Quelle: Bundessozialgericht, Pressemitteilung vom 1. Juni 2022