Voraussetzung eines Rechtsanspruchs des Trägers einer Kindertagesstätte gegen den Träger der Jugendhilfe auf einen Zuschuss zu den ungedeckten Personalkosten ist, dass es sich um Personalkosten für tarifgerecht besetzte Stellen handelt, die Beschäftigten also entsprechend den Regelungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) eingruppiert worden sind. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz in zwei Berufungsverfahren.
In dem einen Fall erkannte der beklagte Landkreis Bad Kreuznach als Träger der Jugendhilfe die von der Ortsgemeinde Langenlonsheim geltend gemachten Personalkosten ihrer Kindertagesstätte für das Jahr 2016 insoweit nicht an, als eine Mitarbeiterin in die Entgeltgruppe S 8a des TVöD eingruppiert worden war. Denn die Mitarbeiterin verfüge nicht über eine Ausbildung zur Erzieherin, sondern sei Kinderpflegerin und dürfe daher maximal in die Entgeltgruppe S 4 eingruppiert werden. In dem anderen Fall erkannte der beklagte Landkreis Mayen-Koblenz die von der Verbandsgemeinde Weißenthurm geltend gemachten Personalkosten des Jahres 2017 für eine in die Entgeltgruppe S 4 eingruppierte Mitarbeiterin ihrer Kindertagestätte nicht an, weil diese Mitarbeiterin als ausgebildete Sozialassistentin in die Entgeltgruppe S 3 einzugruppieren sei. Eine Höhergruppierung in die Entgeltgruppe S 4 sei nach dem TVöD nur möglich, wenn sie mit schwierigen fachlichen Tätigkeiten betraut sei, was hier nicht dargelegt worden sei. In beiden Fälle erhoben die Gemeinden als Träger der Kindertagesstätte Klage mit dem Ziel, den jeweiligen Landkreis zur Gewährung eines höheren Zuschusses zu ihren Personalkosten zu verpflichten. Das Verwaltungsgericht Koblenz gab beiden Klagen statt. Auf die Berufung des beigeladenen Landes Rheinland-Pfalz – hier vertreten durch das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung – hob das Oberverwaltungsgericht im ersten Fall das Urteil des Verwaltungsgerichts auf und wies die Klage der Ortsgemeinde Langenlonsheim ab. Im zweiten Fall der Verbandsgemeinde Weißenthurm wies es hingegen die Berufung des Landes gegen die stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichts zurück.
Nach dem für die hier in Rede stehenden Jahre 2016 bzw. 2017 geltenden rheinland-pfälzischen Kindertagesstättengesetz in der Fassung vom 12. Juni 2007 sei Voraussetzung eines Rechtsanspruchs der Kläger als Träger einer Kindertagesstätte gegen den jeweiligen Landkreis als Träger der Jugendhilfe auf einen weitergehenden Zuschuss zu den ungedeckten Personalkosten in der geltend gemachten Höhe, dass es sich bei diesen Personalkosten um „angemessene Aufwendungen“ handele. Angemessene Aufwendungen seien Personalkosten für solche Stellen, die im Rahmen der Bedarfsplanung ausgewiesen seien und tarifgerecht besetzt würden. Letzteres hänge davon ab, ob die Eingruppierung der Beschäftigten nach den Regelungen des TVöD fehlerfrei erfolgt sei. Außerdem finde die Ausgleichspflicht des Jugendamtsträgers gegenüber den Einrichtungsträgern für die ungedeckten Personalkosten dort ihre Grenze, wo auch eine Landeszuwendung entfalle. Daher seien nur solche Aufwendungen angemessen, für die dem Träger des Jugendamtes seinerseits Zuweisungen vom Land gewährt werden können. Eine Begrenzung erfolge mithin über die Förderkriterien des Landes, die in der Landesverordnung zur Ausführung des Kindertagesstättengesetzes vom 31. März 1998 (LVO KitaG) und in der Fachkräftevereinbarung für Kindertagesstätten Rheinland-Pfalz vom 1. August 2013 näher ausgestaltet seien.
Hiervon ausgehend sei im ersten Fall der Ortsgemeinde Langenlonsheim die Eingruppierung der betroffenen Mitarbeiterin in die Entgeltgruppe S 8a entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht tarifgerecht erfolgt, so dass die Personalkosten, soweit sie die der vom beklagten Landkreis anerkannten Entgeltgruppe S 4 überstiegen, nicht angemessen seien und der Klägerin daher kein Anspruch auf einen höheren Zuschuss des Beklagten zustehe. In die Entgeltgruppe S 8a würde eine Erzieherin mit staatlicher Anerkennung eingruppiert oder eine sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausübe. Das Merkmal der „gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen“ setze nach der hier zu berücksichtigenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts voraus, dass der sonstige Angestellte über Fähigkeiten verfüge, die denen, die in der jeweiligen Ausbildung vermittelt würden, gleichwertig seien. Dabei werde zwar nicht ein Wissen und Können verlangt, wie es durch die Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin vermittelt werde, wohl aber eine ähnlich gründliche Beherrschung eines entsprechenden umfangreichen Wissensgebietes, wobei Fähigkeiten und Erfahrungen auf einem eng begrenzten Teilgebiet erzieherischer Tätigkeiten nicht ausreichend seien. Es sei nicht erkennbar, dass die hier in Rede stehende Mitarbeiterin mit der Ausbildung einer Kinderpflegerin aufgrund ihrer Berufserfahrung und der besuchten Fortbildungsveranstaltungen eine ähnlich gründliche Beherrschung eines entsprechenden umfangreichen Wissensgebietes wie eine Erzieherin aufweise. Die von ihr ausgeübte und beschriebene Tätigkeit in dem Kindergarten der Klägerin belege nur gleichartige Kenntnisse und Erfahrungen auf einem begrenzten Teilgebiet der Aufgabenfelder einer Erzieherin, nämlich zusammen mit einer Gruppenleiterin Kinder im Alter von drei Jahren bis zum Schulalter zu betreuen. Sie belege nicht, dass sie Fähigkeiten und Erfahrungen auf andersartigen Aufgabenfeldern – etwa im außerschulischen Bereich oder auf der Ebene der Krippe – besitze, auf denen die in der Regel zu einer Tätigkeit in allen Bereichen ausgebildete Erzieherin einsetzbar sei. Aber auch im Bereich des Kindergartens sei nicht geltend gemacht, dass sie – mit einer in Ausnahmefällen möglichen Zustimmung des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung zur Leitung einer Gruppe, die nach der Fachkräftevereinbarung grundsätzlich Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und Absolventen bestimmter Studiengänge vorbehalten sei – in diesem Bereich eigenständig leitend und nicht nur mitwirkend in der Gruppe eingesetzt worden wäre.
Im zweiten Fall der Verbandsgemeinde Weißenthurm habe das Verwaltungsgericht hingegen zu Recht ihrer auf einen höheren Zuschuss gerichteten Klage stattgegeben zu den geltend gemachten Personalkosten für eine in die Entgeltgruppe S 4 eingruppierte Mitarbeiterin ihrer Kindertagestätte. Diese als Sozialassistentin ausgebildete Mitarbeiterin erfülle allerdings entgegen der Ansicht der Klägerin nicht die Voraussetzungen der Fallgruppe 1 der Entgeltgruppe S 4, weil es sich bei der von ihr auszuübenden Tätigkeit nicht um „schwierige fachliche Tätigkeiten“ handele, sondern um Aufgaben, die jede pädagogische Fachkraft in einer Kindergartengruppe im Alltag auszufüllen habe. Sie erfülle jedoch die Tätigkeitsmerkmale der Fallgruppe 3 der Entgeltgruppe S 4 als Beschäftigte „in der Tätigkeit von Erzieherinnen“. Zwar entspreche nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Tätigkeit einer Zweitkraft in einer Kindergartengruppe regelmäßig nicht derjenigen einer Erzieherin mit staatlicher Anerkennung, wenn nach dem einschlägigen Regelwerk wesentliche Unterschiede zwischen den der Gruppenleitung einerseits und den Zweitkräften in den Gruppen andererseits übertragenen Aufgaben bestünden. Eine solche Trennung der Aufgaben der Erziehungstätigkeit (Erstkraft) von der Tätigkeit einer Zweitkraft sei hier jedoch von der Klägerin nicht vorgenommen worden, so dass insoweit die Aufgaben der Mitarbeiterin, auch wenn sie nicht die Erstkraft der Gruppe darstelle, als Tätigkeiten einer Erzieherin anzusehen seien. Die Vertreterin des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung habe bestätigt, dass auch abseits der Gruppenleitung erzieherische Aufgaben für die Zweitkräfte anfielen.
Entgegen der Ansicht des Beigeladenen stünden weder die Regelungen der LVO KitaG noch die der Fachkräftevereinbarung einer Eingruppierung der genannten Mitarbeiterin in die Entgeltgruppe S 4 Fallgruppe 3 bzw. der Zuschussfähigkeit entgegen. Diesen könne nicht eine Aussage des Inhalts entnommen werden, dass Gruppenmitarbeitern i.S.d. Fachkräftevereinbarung, die nicht die Ausbildung einer Erzieherin besitzen, die Tätigkeiten einer Erzieherin grundsätzlich nicht übertragen werden dürften. Schließlich führe auch der Verweis des Beigeladenen auf Aussagen des Landesrechnungshofes im Kommunalbericht 2017 zu keiner anderen Wertung, in dem sich lediglich Ausführungen zu der – hier nicht maßgeblichen – Entgeltgruppe S 4 Fallgruppe 1 fänden.
Urteile vom 13. Mai 2022, Aktenzeichen: 7 A 10582/21.OVG und 7 A 10583/21.OVG
Quelle: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung vom 30. Mai 2022