
Die 18. Große Strafkammer – Große Jugendkammer – des Landgerichts Osnabrück hat am Montag, dem 17. März 2025, ihr Urteil im Verfahren gegen die „falsche Ärztin“ verkündet. Die nunmehr 23 Jahre alte Frau ist wegen Betruges in Tateinheit mit unbefugtem Führen der Berufungsbezeichnung Arzt in zwei Fällen sowie der gefährlichen Körperverletzung in sieben Fällen schuldig gesprochen worden. Die Kammer hat die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Der nunmehr 23 Jahre alten Angeklagten wird vorgeworfen, sie habe zu Beginn des Jahres 2022 im Internet eine nachgebildete Approbationsurkunde erworben. Ein abgeschlossenes Medizinstudium soll indes nicht bestanden haben. Die Angeklagte soll nicht einmal Medizin studiert haben, sondern sich in der Ausbildung an einer Pflegeschule befunden haben. Mit dieser gefälschten Urkunde soll sie sich bei zwei Kliniken in Debstedt und Meppen beworben haben. In Meppen soll sie im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Unfallchirurgie zumindest an 7 Patienten eigenverantwortlich tätig geworden sein. Nach dem Vorwurf der Staatsanwaltschaft soll die Motivation der Angeklagten ihr übersteigerten Selbstdarstellungsbedürfnis sowie die monetäre Besserstellung gewesen sein.
Sowohl der Vertreter der Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung hatten in ihren Schlussplädoyers eine Verurteilung wegen der vorgenannten Straftatbestände beantragt. Anders als der Vertreter der Staatsanwaltschaft, der ebenfalls die Anordnung einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus beantragt hat, hat der Verteidiger der Angeklagten die Verhängung einer Jugendstrafe, die zur Bewährung auszusetzen sei, für tat- und schuldangemessen erachtet.
Wie die Kammer in ihrer Urteilsbegründung ausgeführt hat, steht der Tatvorwurf aufgrund des glaubhaften Geständnisses der Angeklagten, welches im Rahmen der Beweisaufnahme verifiziert wurde, fest. Gleich zu Beginn der Urteilsbegründung hat die Kammer hervorgehoben, dass in diesem Verfahren der Schwerpunkt auf der Frage lag, wie das Verhalten der Angeklagten zu sanktionieren ist. Hierbei hat sie sich durch einen Sachverständigen beraten lassen, welcher ausgeführt hat, dass die Angeklagte unter einer mittelschweren Persönlichkeitsstörung sowie einem Narzissmus leide. Hierdurch sei sie in ihrer Steuerungsfähigkeiterheblich gemindert, weshalb er die Voraussetzung für das Vorliegen einer erheblichen verminderten Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB als gegeben ansehe. Für die Angeklagte gebe es nur einen Beruf, nämlich als Ärztin zu arbeiten. Es stehe zu erwarten, dass die Angeklagte ohne entsprechenden Hochschulabschluss und ausreichende Qualifikation Menschen behandeln werde. Dabei riskiere sie nicht unerhebliche Verletzungen für die Patienten, die sie allerdings in Kauf nehme, um ihrem Geltungsbedürfnisnachzukommen. Die Kammer ist dieser Einschätzung gefolgt. Ferner steht für die Kammer fest, dass die Angeklagte, die zurzeit Medizin studiert, dieses durch die Vorlage gefälschter Unterlagen erreichte. Im Laufe des Prozesses wurden eine Vielzahl von Abschlusszeugnissen vorgelegt. Insbesondere das Zeugnis, welches sie für das Hochschulstudium vorgelegt habe, ist nach Auffassung der Kammer gefälscht.
Nach Auffassung der Kammer hat eine Gesamtwürdigung der Angeklagten und ihrer Taten ergeben, dass infolge ihrer mittelschweren Persönlichkeitsstörung und des Narzissmus sowie ihres Drangs, als Ärztin tätig zu sein, erhebliche Straftaten, durch welche die Opfer schwer geschädigt werden können und sie daher für die Allgemeinheit gefährlich ist, zu erwarten sind. Hierbei hat die Kammer insbesondere berücksichtigt, dass es letztlich nur vom Zufall abhängt, welche Art von ärztlichen Eingriffen die Angeklagte vornimmt. Es bestünde daher auch die Gefahr des Todes. Sie hat daher die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Von der Verhängung einer Jugendstrafe – die Angeklagte war nach Jugendstrafrecht zu verurteilen, da der Schwerpunkt der Taten erfolgte als sie Heranwachsende war – hat die Kammer neben dieser Maßregel abgesehen, vgl. § 5 Abs. 3 JGG.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es kann von der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten binnen einer Woche mit der Revision zum Bundesgerichtshof angegriffen werden.
Nach der Urteilsverkündung ist in nichtöffentlicher Sitzung verkündet worden, dass die Angeklagte im Wege der einstweiligen Anordnung in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht wird. Sie ist dementsprechend unmittelbar einer entsprechenden Einrichtung zugeführt worden. Die Unterbringung ist folglich nicht von der Rechtskraft des Urteils abhängig.
LG Osnabrück, 18.03.2025