Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts der Verfassungsbeschwerde gegen einen Beschluss des Bundesfinanzhofs stattgegeben.

Die Beschwerdeführerin begehrte erfolglos die steuerliche Berücksichtigung eines Aufwandes aus einer Schuldübernahmeverpflichtung für eine Pensionszusage. Nachdem auch ihre Klage vom Finanzgericht abgewiesen wurde, legte sie Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ein. Sie machte unter anderem eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache wegen Verstoßes der zugrunde liegenden Norm des Einkommensteuergesetzes gegen den Allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geltend. Der Bundesfinanzhof wies mit dem angegriffenen Beschluss die Beschwerde zurück. Er bemängelte, die Beschwerdeführerin habe in ihrer Beschwerdeschrift nicht hinreichend dargestellt, dass es für sie günstige Folgen haben werde, wenn das Bundesverfassungsgericht die Steuervorschrift wegen einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes verwerfe. Sie hätte darlegen müssen, dass eine normverwerfende Entscheidung zu einer für sie vorteilhaften rückwirkenden Neuregelung des beanstandeten Gesetzes oder zumindest zu einer Übergangsregelung für alle noch offenen Fälle führen werde.

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Verfassungsbeschwerde hat Erfolg. Der angegriffene Beschluss des Bundesfinanzhofs verstößt gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.

Die Anforderung des Bundesfinanzhofs an die Substantiierung der Nichtzulassungsbeschwerde überspannt die Darlegungsanforderungen. So werden von der Beschwerdeführerin Darlegungen zu in der Zukunft liegenden Umständen verlangt, deren Eintritt ungewiss und zu denen ihr eine belastbare Prognose nicht möglich ist. Das gilt sowohl hinsichtlich des Ausgangs einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über das Schicksal einer als verfassungswidrig beurteilten Norm als auch hinsichtlich eines die Entscheidung umsetzenden politischen Willensbildungsprozesses des Gesetzgebers. Das Bundesverfassungsgericht kann ein verfassungswidriges Gesetz für nichtig, aber auch für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklären und stellt in diese Entscheidung unterschiedliche Erwägungen ein. Diese vorherzusehen fordert das Bundesverfassungsgericht nicht einmal von Gerichten, die eine Vorschrift nach Art. 100 Abs. 1 GG zur Entscheidung über ihre Verfassungsmäßigkeit vorlegen. Entsprechend erscheint es sachlich nicht gerechtfertigt, wenn der Bundesfinanzhof eine solche Vorausschau von der Beschwerdeführerin zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Verfassungswidrigkeit einer Norm verlangt.

Die Kammer hat den Beschluss aufgehoben. Der Bundesfinanzhof muss jetzt erneut über die Zulassung der Revision entscheiden.

Beschluss vom 21. Februar 2025 – 1 BvR 2267/23

BVerfG, 18.03.2025