Die Strafverfolgungsstatistik wird jedes Jahr vom Bayerischen Landesamt für Statistik erstellt und bildet die rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vor bayerischen Strafgerichten ab. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: „Im ersten Jahr nach der Corona-Pandemie haben Bayerns Strafgerichte 2023 113.765 Personen verurteilt. Das bedeutet eine Zunahme verurteilter Personen von 4,2 % im Vergleich zum Vorjahr. In Bayern lebt es sich sicher. Allerdings gibt es auch Entwicklungen, die Sorgen machen.“

Die Verurteilten 2023 in Zahlen:

  • 113.765 Personen sind im Jahr 2023 im Freistaat rechtskräftig verurteilt worden, ein Plus von 4,2 % bzw. 4.634 Personen gegenüber dem Vorjahr (2022 waren es 109.131).
  • Die Mehrzahl der Verurteilten war männlich, Frauen hatten einen Anteil von 17,3 %.
  • 53.541 nicht-deutsche Täter wurden im Jahr 2023 in Bayern verurteilt, mit 10,9 % ein deutlicher Anstieg der absoluten Zahlen von Straftaten von Ausländern gegenüber dem Vorjahr und eine Steigerung von mehr als einem Drittel (um 37,7 %) im Vergleich zum Jahr 2015 (damals 38.882 Verurteilte). Ohne Berücksichtigung der Straftaten nach dem Asyl-, Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsgesetz, die täterschaftlich überwiegend nur von Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit begangen werden können, liegt der prozentuale Anteil der nicht deutschen Verurteilten an den insgesamt Verurteilten bei 45,1 % (42,3 % in 2022).
  • 7.389 Verurteilte waren zur Tatzeit Heranwachsende (im Alter zwischen 18 und 21 Jahren), 4,6 % mehr als im Vorjahr. 4.448 waren Jugendliche (+ 8,3 %).

Auffälligkeiten:

Mehr Gewaltstraftaten von Jugendlichen. 765 Jugendliche wurden bayernweit wegen Straftaten der Gewaltkriminalität verurteilt – ein deutliches Plus von 19,3 % gegenüber dem Vorjahr und 25 % mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019 (612 Verurteilungen). Wegen gefährlicher Körperverletzung wurden 2023 505 Jugendliche verurteilt, 5,9 % mehr als im Vorjahr (477). Dazu gehören beispielsweise Angriffe mit Messern, Baseballschlägern oder aus Gruppen heraus. Zwei Jugendliche wurden im Jahr 2023 wegen Raubs mit Todesfolge verurteilt. Solche Urteile gab es im Vorjahr nicht. Justizminister Eisenreich: „Durch Prävention einerseits und durch eine frühzeitige Intervention andererseits sollen Straftaten im Leben von jungen Menschen vermieden werden. Ein großer Teil der schweren und wiederholten Taten wird durch eine kleine Gruppe von Intensivtätern und aus Gruppen heraus verübt. Jugendliche Intensivtäter müssen frühzeitig gestoppt werden.“ Daher werden die Staatsanwaltschaften auch in diesem Bereich personell verstärkt. Von den im Doppelhaushalt 2024/2025 vorgesehenen 120 neuen Stellen für Staatsanwälte und Staatsanwältinnen werden zehn zur Bekämpfung der Jugendkriminalität eingesetzt. Zudem wurden bereits im Oktober 2023 bei derStaatsanwaltschaft München I zwei neue Sonderreferate für Taten gewaltbereiter Jugendgruppen eingerichtet.Auf Initiative Bayerns hat die Justizministerkonferenz zudem im November 2023 den Bundesminister der Justizgebeten, eine bundesweite Studie zu den Ursachen der gestiegenen Kinder- und Jugendgewalt in Auftrag zu geben und auf dieser Grundlage zu prüfen, ob gesetzliche Änderungen angezeigt sind.

Mehr Schleuserkriminalität. Die Zahl der verurteilten Schleuser nach § 96 Aufenthaltsgesetz ist im Jahr 2023 mit 702 Tätern im Vergleich zum Vorjahr um 33,7 % gestiegen. Eisenreich: „Organisierte Schleusergruppen gehen äußerst skrupellos vor. Diese Straftaten werden bei uns mit Nachdruck verfolgt.“ Bayerns Justiz hat auf diese Entwicklung frühzeitig reagiert. Bereits seit 2018 bestehen bei den grenznahen Staatsanwaltschaften Spezialabteilungen nach dem sogenannten „Traunsteiner Modell“.

Mehr Trunkenheitsfahrten. Straftaten im Straßenverkehr führen mit einem Anteil von etwa einem Viertel aller Straftaten die Statistik wie in den vorherigen Jahren an. Im Jahr 2023 waren es 26 %. Auffällig: Die Trunkenheitsfahrten sind im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 7,6 % gestiegen. Dies bedeutet zugleich einen Anstieg um 6 % verglichen mit den Zahlen vor der Corona-Pandemie aus dem Jahr 2019. Eisenreich:“Seit dem Ende der Pandemie ist wieder deutlich mehr Alkohol am Steuer erkennbar. Ich befürchte, dass die Teillegalisierung von Cannabis zu einem weiteren Anstieg von drogenbedingten Verkehrsunfällen führen wird. Das Verkehrsstrafrecht muss vor diesem Hintergrund dringend reformiert werden.“ Die Justizministerkonferenz hat im Frühjahr 2024 auf Initiative Bayerns Reformvorschläge vorgelegt. Dazu gehört bei Autofahrten unter Alkohol- und Drogeneinfluss zusätzlich zu Geld- oder Gefängnisstrafen auch das Einziehen von Täterfahrzeugen.

Mehr Kinderpornografie im Umlauf. Wegen Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte (§ 184b StGB) wurden 784 Personen verurteilt, 16 % mehr als im Vorjahr (2022 waren es 676)Nachdem die Mindeststrafe 2021 auf ein Jahr Freiheitsstrafe erhöht wurde, hat der Bundesgesetzgeber die Regelung wieder geändert und die Mindestfreiheitsstrafe auf sechs bzw. drei Monate abgesenkt. 241 Täter wurden wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt – 7,0 % weniger als im Vorjahr. Der Minister: „Jeder Fall ist einer zu viel. Hinter jedem Missbrauch, hinter jedem Bild oder Video steht das unfassbare Leid eines Kindes. Unsere Ermittler brauchen die zeitlich befristete Möglichkeit, Täter über gespeicherte IP-Adressen zu ermitteln. Wer die Verkehrsdatenspeicherung ablehnt, bremst Ermittlerinnen und Ermittler im Kampf gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Kinderpornografie aus, wenn IP-Adressen der einzige Ermittlungsansatz sind.“

Mehr Diebstähle. Wie bereits im Vorjahr haben Verurteilungen wegen Diebstählen (§§ 242 bis 244a StGB) zugenommen. Sie sind um fast ein Viertel (23,3 %) von 11.581 im Jahr 2022 auf 14.277 Verurteilte im Jahr 2023 angestiegen (14.062 in 2019). Eisenreich: „Der Ausländeranteil ist in diesem Bereich mit 60 % (60,3 %) hoch.“ Die Zahlen im gesamten Bereich „Diebstähle und Unterschlagung“ haben nach dem Rückgang während der Corona-Pandemie in etwa wieder das Niveau aus dem Jahr 2019 vor der Pandemie erreicht.

Weiterer Reformbedarf:

Ausspähen von Daten: Wegen Cyberstraftaten (Computersabotage, Datenveränderung, Abfangen und Ausspähen von Daten, Datenhehlerei) wurden insgesamt nur 9 Personen verurteilt (2022: 19). Eisenreich: „Die extrem niedrige Zahl an Verurteilten zeigt einmal mehr den dringenden Reformbedarf. Das Strafrecht muss mit der zunehmenden Digitalisierung Schritt halten. Zum einen müssen die Strafrahmen der Grundtatbestände angehoben und an die Strafen der analogen Welt angepasst werden. Zum anderen muss das besondere Unrecht bei Angriffen auf kritische Infrastrukturen besonders geahndet werden. Bayern hat dazu Reformvorschläge vorgelegt.“

Schutz von Frauen: Gewalt gegen Frauen hat viele Seiten: Von Hate Speech und Cybermobbing, häuslicher Gewalt und Stalking bis hin zu Vergewaltigung, Zwangsprostitution und Mord. 152 Personen (136 Männer und 16 Frauen) wurden 2023 wegen Stalking (§ 238 StGB) für schuldig befunden, 42,1 % mehr als im Vorjahr (107 Personen). Eisenreich: „Seit dem 1. Oktober 2021 gelten die von Bayern geforderten verschärften Stalking-Vorschriften. Wir müssen Stalkern frühzeitig Grenzen setzen, um die Opfer besser zu schützen.“ Die Justizministerkonferenz forderte im November 2023 auf Initiative Bayerns und Hamburgs einen besseren Schutz vor heimlicher Überwachung durch Bluetooth-Tracker und Peilsender. 101 Täter wurden wegenVerstößen gegen das Gewaltschutzgesetz verurteilt, sieben mehr als im Vorjahr. Die Zahl der wegen Vergewaltigung Verurteilten ist im Jahr 2023 auf 130 gestiegen, 17,1 % mehr als im Vorjahr (2022), auf gleichem Niveau wie im Jahr 2021 (130). Eisenreich: „Wir müssen Frauen vor Gewalt und Ausbeutung schützen. Die bayerische Polizei und Justiz setzen sich konsequent für den Schutz von Frauen und Kindern ein. Das ist auch mir persönlich ein ganz wichtiges Anliegen.“

Kriminelle gehören oftmals zu den Ersten, die neue technische Möglichkeiten für ihre Zwecke missbrauchen. Schon jetzt greifen sie zu generativer KI und setzen Deepfakes ein – täuschend echt wirkende Bilder, Stimmen oder Videos. Eisenreich: „Wir stehen am Beginn eines neuen Zeitalters. Vieles ist noch gar nicht absehbar. Generative KI-Programme sind für jedermann verfügbar, immer leichter zu bedienen und von immer besserer Qualität. Es wird immer leichter, vor allem Frauen und Mädchen mit Deepfake-Technologie in pornografische Fotos oder Videos einzubauen. Der Bundesrat hat auf Initiative Bayerns eine neue Vorschrift zum Persönlichkeitsschutz im Strafgesetzbuch beschlossen. Das Strafrecht muss an die Herausforderungen durch Deepfakes angepasst werden.“

Kampf gegen Antisemitismus: „Nach dem menschenverachtenden Terror-Angriff der Hamas auf Israel kam es seit dem 7. Oktober 2023 in zahlreichen deutschen Städten zu Versammlungen, bei denen das barbarische Vorgehen gegen den Staat Israel und seine Bevölkerung gefeiert wurde“, so Eisenreich. Das geltende Strafrecht werde dem besonderen Unrecht dieser Handlungen zum Teil nicht gerecht. Der Minister:“Deshalb hat Bayern Ende November 2023 im Bundesrat einen Gesetzesantrag für eine Bundesratsinitiative vorgestellt, um die sogenannte Sympathiewerbung für terroristische Vereinigungen wieder unter Strafe zu stellen.“

Angriffe auf Vollstreckungsbeamte: 1.299 Täter wurden 2023 wegen tätlichen Angriffen auf Vollstreckungsbeamte verurteilt – ein Anstieg von 8,2 % gegenüber dem Vorjahr. Eisenreich: „Polizeibeamte, Rettungskräfte und andere Beschäftigte im öffentlichen Dienst sind immer wieder Ziel tätlicher Angriffe. Tätern muss klar sein: Polizistinnen und Polizisten sind sieben Tage die Woche für unsere Sicherheit im Einsatz. Deshalb müssen wir die schützen, die uns schützen. Die bayerische Justiz verfolgt Angriffe auf Einsatzkräfte konsequent.“

Eisenreichs Fazit: „Polizei und Justiz setzen sich mit aller Kraft dafür ein, dass Bayern Deutschlands sicherstes Bundesland bleibt. Für Ihren großen persönlichen Einsatz möchte ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Polizei und Justiz herzlich danken.“

StMJ, 12.02.2025

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