Insbesondere Anhänger der politischen Ränder halten die Inflation für deutlich höher, als sie tatsächlich ist. Das zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Kurz vor der Wahl könnte das politische Folgen haben, denn für viele Wähler ist das Thema Inflation wahlentscheidend.

Bei den US-Wahlen im vergangenen Jahr war keine Frage wichtiger: Jeder vierte Wähler gab an, dass Preissteigerungen das wichtigste Wahlthema waren. Auch in Deutschland stehen die Verbraucherpreise aktuell auf der Agenda; erst am Sonntag diskutierten Olaf Scholz und Friedrich Merz bei ihrem TV-Duell hitzig über die gestiegenen Preise. Eine neue Studie auf Basis der IW-Personenbefragung zeigt: Über Parteigrenzen hinweg überschätzen die Menschen die Höhe der Inflation. Im Schnitt gaben die Befragten an, dass die Inflationsrate 2024 bei 15,3 Prozent (Median: zehn Prozent) lag – tatsächlich betrug sie nur 2,2 Prozent. Rund die Hälfte ist sich sicher, Preise zu zahlen, die über der amtlichen Inflationsrate liegen.

Politische Ränder liegen besonders weit daneben
Immer noch fernab der Realität, im Vergleich allerdings am nächsten, liegen Anhänger von Bündnis 90/Die Grünen: Ihrer Einschätzung nach lag die Inflationsrate im vergangenen Jahr bei 10,8 Prozent (Median: sechs Prozent). AfD-Anhänger liegen mit 18,7 Prozent (Median: zwölf Prozent) am anderen Ende des Spektrums und überschätzen die Inflation überdurchschnittlich, ebenso die Anhänger des BSW mit 18,1 Prozent (Median: zehn Prozent). Insbesondere bei Lebensmittelpreisen unterscheiden sich Realität und Wahrnehmung über Parteigrenzen hinweg stark: 66 Prozent der Befragten gaben an, die Lebensmittelpreise seien in den letzten zwölf Monate „stark gestiegen“. Tatsächlich lag die Inflationsrate für Lebensmittel 2024 bei durchschnittlich 1,9 Prozent.

Skepsis gegenüber der Statistik
Doch warum unterscheiden sich gefühlte und tatsächliche Inflation gerade bei den politischen Rändern so stark? „Unsere Untersuchung legt nahe, dass die Anhänger der Randparteien den offiziellen Statistiken misstrauen“, sagt Studienautor Matthias Diermeier. Mehr als zwei Drittel der AfD- und BSW-Anhänger sind der Ansicht, dass die Preise, die sie zahlen, stärker gestiegen sind als die amtliche Inflationsrate. „Das Thema Inflation kann gerade an den Rändern mobilisieren“, so Diermeier. „Etwa die Hälfte der AfD- und BSW-Anhänger sagt, dass die Inflation eines ihrer drei wahlentscheidenden Themen sei.“

Zur Methodik:Die Auswertungen basieren auf der IW-Personenbefragung im Auftrag des Instituts der deutschen Wirtschaft. Über das Online-Access-Panel von Bilendi&respondi wurden 3.267 Menschen ab 18 Jahren in Deutschland im Rahmen einer Mehrthemen-Umfrage online zwischen dem 10. und 18. Dezember 2024 befragt. Die Befragung ist quotenrepräsentativ in den Merkmalen Einkommen, Wohnort nach Bundesland und Geschlecht/Alter.

IW, 12.02.2025

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