Die 1. Große Strafkammer des Landgerichts München II hat am 04.02.205 den 49-jährigen Angeklagten wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren 6 Monaten verurteilt. 

Nach einer fünftägigen Hauptverhandlung stellte das Schwurgericht folgenden Sachverhalt fest: In den Abendstunden des 16.09.2023 kam es in den Partnachauen in Garmisch aus der Gruppe um den späteren Geschädigten zu erheblichen Lärmbelästigungen. Der Angeklagte, der in Hörweite lebte, machte sich wegen des Lärms auf den Weg zu der Gruppe und steckte dabei ein Messer ein. Er forderte die Gruppe mit deutlichen Worten auf, leiser zu sein und schaltete schließlich die verwendete Musikbox aus. Als er dann vom Geschädigten auf sein Verhalten angesprochen wurde, zückte er sein mitgeführtes Messer und fügte dem Geschädigten zwei massive Schnitte im Halsbereich zu. Dabei wurde die Halsvene des Geschädigten verletzt und der Ohrnerv mit bleibenden Folgen durchtrennt. Der Angeklagte rechnete bei dieser Handlung damit, dass der Geschädigte an den Verletzungen möglicherweise verstirbt und nahm dies auch billigend in Kauf. Zwar habe der Angeklagte dies bestritten, aber die Kammer zog aus den objektiven Indizien – Schnelligkeit der Tatausführung, äußerste Gefährlichkeit der Vorgehensweise, Intensität der Gewaltanwendung – den Schluss auf einen jedenfalls bedingten Tötungsvorsatz. Vorsatzkritische Elemente habe es dagegen nicht gegeben, der Angeklagte habe vielmehr alle wesentlichen Umstände in sein Vorstellungsbild aufgenommen.

Nachdem im Anschluss an die beiden Schnitte andere Mitglieder aus der Gruppe des Geschädigten eingriffen, hatte der Angeklagte keine Gelegenheit mehr, weiter auf den Geschädigten einzuwirken. Damit kam ein strafbefreiender Rücktritt vom Versuch nicht mehr in Betracht. Der Angeklagte war bei der Tat voll schuldfähig.

Der Erklärung des Angeklagten, er habe das Messer nicht bewusst eingesetzt und der Geschädigte habe sich durch einen Kopfstoß selbst am Messer verletzt, folgte die Kammer nicht, da dies nach einem biomechanischen und einem rechtsmedizinischen Sachverständigengutachten nicht geeignet war die konkrete Lage der beiden chirurgisch versorgten Verletzungen zu erklären.

Das Schwurgericht wertete die Tat als versuchten Totschlag und nicht als versuchten Mord. Insbesondere habe der Angeklagte nicht heimtückisch gehandelt, da der Geschädigte jedenfalls mit seinem Angriff des Angeklagten durch Faustschläge gerechnet habe. 

Die Tat sei auch nicht durch Notwehr gerechtfertigt gewesen, wie von der Verteidigung vorgetragen, die einen Freispruch für den Angeklagten beantragt hatte. Der Angeklagte sei denkbaren Angriffen mit seiner sehr schnellen Tatausführung zuvorgekommen. Es sei vielmehr der Angeklagte, – so der Vorsitzende Richter Thomas Bott – der die Situation habe eskalieren lassen.

Zugunsten des Angeklagten berücksichtigte das Gericht bei der Bemessung der Strafe, dass der Tatentschloss spontan gefasst worden sei. Der Angeklagte sei zudem nicht vorbestraft. Zu Lasten wurden die anhaltenden physischen Beeinträchtigungen des Geschädigten (Sensibilitätsstörungen im Gesichtsbereich) gewertet.

Der Vorsitzende hielt zum Abschluss fest, dass es sich um eine völlig unnötige Tat handele, die Züge von Selbstjustiz aufweise.

Zuletzt ordnete das Gericht die Fortdauer der Untersuchungshaft an. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft München II steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.

OLG München, 04.02.2025

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