Der u.a. für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit vier Urteilen vom 4. Februar 2025 entschieden, dass die von verschiedenen Banken und einer Sparkasse gegenüber Verbrauchern verwendeten Klausen zu Entgelten für die Verwahrung von Einlagen auf Giro-, Tagesgeld- und Sparkonten unwirksam sind. Er hat in dem Verfahren XI ZR 161/23 außerdem entschieden, dass die von einer Bank gegenüber Verbrauchern verwendeten Klauseln zu Entgelten für die Ausstellung einer Ersatz-BankCard und einer Ersatz-PIN unwirksam sind.
Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf:
Die Kläger in den vier Verfahren sind seit über vier Jahren als qualifizierte Einrichtungen in die Liste nach § 4 UKlaG eingetragene Verbraucherschutzverbände.
Die in dem Verfahren XI ZR 61/23 beklagte Sparkasse verwendete im Zeitraum vom 1. bis zum 13. Februar 2020 auf ihrer Internetseite im Zusammenhang mit von ihr angebotenen Giroverträgen folgende Klausel:
„Verzinsung
Zinssatz für Guthaben (täglich fällige Gelder) 0,00 %
Verwahrentgelt für Guthaben ab 5.000,01 € (Freibetrag 5.000 €)*- 0,70 % p.a.
*Das Verwahrentgelt auf allen Privatgirokonten, die ab dem 01.02.2020 neu eröffnet werden, beträgt ab einer Einlagenhöhe von 5.000,01 € 0,70 % p.a. (Freibetrag 5.000,00 €). Die gleiche Regelung gilt für Kontomodellwechsel ab dem 01.02.2020.“
Die in dem Verfahren XI ZR 65/23 beklagte Bank verwendet in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis folgende Klausel:
„Privatkonten
[…]
Entgelt für die Verwahrung von
Einlagen über 10.000 EURpro Jahr 0,50 % p.a.
Freibetrag¹4
¹4 Vom Kunden zu zahlendes Verwahrentgelt bei Neuanlage/Neuvereinbarung ab 01.04.2020 für Einlagen über 10.000 EUR Freibetrag auf das auf dem Konto verwahrte Guthaben, das den aktuellen Freibetrag übersteigt.“
Die in dem Verfahren XI ZR 161/23 beklagte Bank verwendet in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis für die von ihr angebotenen Girokonten folgende Klausel:
„3.2Entgelt für die Verwahrung von Einlagen
Girokonten […] – Verträge ab 01.08.2020¹6
Einlagen bis25.000,00 EUR0,00 % p.a.
Einlagen über¹7 25.000,00 EUR0,50 % p.a.
[…]
Die Berechnung erfolgt taggenau. Die Belastung der Gebühr erfolgt monatlich nachträglich zulasten des jeweiligen Kontos.
[…]
¹6 Für Verträge mit Abschlussdatum vor dem 01.08.2020 erfolgt die Bepreisung ab Unterzeichnung der individuellen Zusatzvereinbarung.
¹7 Bepreisung erfolgt auf den übersteigenden Betrag.“
Sie bietet Verbrauchern unter der Bezeichnung „SpardaCash“ und „SpardaCash Online“ außerdem Tagesgeldkonten an. In ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis heißt es hierzu wie folgt:
„SpardaCash – Verträge ab 01.08.2020¹6
Ein SpardaCash¹8
Einlagen bis50.000,00 EUR0,00 % p.a.
Einlagen über¹7 50.000,00 EUR0,50 % p.a.
Jedes weitere SpardaCash¹8
Einlagen über¹7 0,00 EUR0,50 % p.a.
SpardaCash Online – Verträge ab 01.08.2020¹6
Ein SpardaCash Online¹8
Einlagen bis50.000,00 EUR0,00 % p.a.
Einlagen über¹7 50.000,00 EUR0,50 % p.a.
Jedes weitere SpardaCash Online¹8
Einlagen über¹7 0,00 EUR0,50 % p.a.
Die Berechnung erfolgt taggenau. Die Belastung der Gebühr erfolgt monatlich nachträglich zulasten des jeweiligen Kontos.
[…]
¹6 Für Verträge mit Abschlussdatum vor dem 01.08.2020 erfolgt die Bepreisung ab Unterzeichnung der individuellen Zusatzvereinbarung.
¹7 Bepreisung erfolgt auf den übersteigenden Betrag.
¹8 Erstes bestehendes Konto gemäß Eröffnungsdatum je Kundenstamm; bei gleichem Eröffnungsdatum ist die niedrigere Kontonummer entscheidend.“
In dem Kapitel über die Erbringung von Zahlungsdiensten für Privatkunden ihres Preis- und Leistungsverzeichnisses verwendet die Beklagte außerdem folgende Klauseln:
„4.4Kartengestützter Zahlungsverkehr
4.4.1Debitkarten
4.4.1.1BankCard
[…]
– Ersatzkarte²8 12,00 EUR
– Ersatz-PIN²8 auf Wunsch des Kunden 5,00 EUR
[…]
²8 Wird nur berechnet, wenn der Kunde die Umstände, die zum Ersatz der Karte/PIN geführt haben, zu vertreten hat und die Bank nicht zur Ausstellung einer Ersatzkarte/Ersatz-PIN verpflichtet ist.“
Die in dem Verfahren XI ZR 183/23 beklagte Bank verwendete in den Jahren 2020 bis 2022 in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis im Kapitel über den Geschäftsverkehr mit Verbrauchern unter den Überschriften „Sichteinlagen“ und „Spareinlagen“ jeweils folgende Klausel:
„Verwahrung von Einlagen oberhalb des Freibetrags für alle Einlagen- & Girokonten
Verwahrentgelt 0,5 % p.a.“
In einer Fußnote verwies die Klausel auf das Kapitel über die Verwahrung von Einlagen für alle Kunden, in dem für verschiedene Zeiträume Freibeträge in Höhe von 50.000 €, 100.000 € und 250.000 € genannt waren.
Der Preisaushang der Beklagten, in dem die Konditionen für Spar-, Tagesgeld- und Girokonten wiedergegeben sind, enthielt folgende Klauseln:
„Verwahrentgelt für die Verwahrung von Einlagen auf allen
Einlagen- & Girokonten
– für ab dem 01.07.2020 bis einschließlich 30.09.2020
neu eingerichtete Kundennummern oberhalb
Freibetrag von 250.000,00 €
0,5 % p.a.
– für ab dem 01.10.2020 bis einschließlich 09.05.2021
neu eingerichtete Kundennummern oberhalb Freibetrag
von 100.000,00 €
0,5 % p.a.
– für ab dem 10.05.2021 neu eingerichtete Kunden-
nummern oberhalb Freibetrag von 50.000,00 €
0,5 % p.a.“
Mit Bestandskunden vereinbarte die Beklagte ab Anfang des Jahres 2021 die Zahlung eines „Guthabenentgelts“ für auf Euro lautende Einlagen. In diesen Vereinbarungen hieß es u.a. wie folgt:
„1. Die [Bank] erhebt ab dem […] für die auf Euro lautenden Einlagen (inklusive Spareinlagen) auf den Konten des Kunden, die unter seiner Kundennummer […] gegenwärtig und zukünftig geführt werden (im folgenden „Kundenkonten“) ein monatliches Guthabenentgelt.
[…]
3. […] Dieser Kostensatz entspricht dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) für die Einlagenfazilität im jeweiligen Berechnungsmonat festgelegten Zinssatz (aktuell 0,50 % p.a.).“
Die Kläger in den vier Verfahren halten die vorbezeichneten Klauseln für unwirksam, da sie die Verbraucher entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligten. Sie nehmen die Beklagten jeweils darauf in Anspruch, es zu unterlassen, diese oder inhaltsgleiche Klauseln gegenüber Verbrauchern zu verwenden. Die Kläger in den Verfahren XI ZR 65/23 und XI ZR 161/23 begehren darüber hinaus von der jeweiligen Beklagten als Folgenbeseitigung die Rückzahlung der auf der Grundlage der Verwahrentgeltklauseln vereinnahmten Entgelte an die betroffenen Verbraucher und Auskunft über deren Vornamen, Zunamen und Anschriften. Der Kläger in dem Verfahren XI ZR 183/23 begehrt als Folgenbeseitigung ebenfalls Auskunft über die betroffenen Verbraucher und die Versendung eines von ihm formulierten Berichtigungsschreibens durch die Beklagte an diese Verbraucher.
Die Berufungsgerichte in den Verfahren XI ZR 61/23 und XI ZR 65/23 haben die Klage jeweils abgewiesen, weil die Klauseln über das Verwahrentgelt eine von der Beklagten erbrachte Hauptleistung aus dem Girovertrag bepreisten und daher keiner AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterlägen.
Auch das Berufungsgericht in dem Verfahren XI ZR 161/23 hat die Klage betreffend die Klauseln über das Verwahrentgelt mit der Begründung abgewiesen, mit den Klauseln werde eine von der Beklagten erbrachte Hauptleistung aus dem Girovertrag bzw. aus dem Vertrag über das Tagesgeldkonto bepreist, so dass die Klauseln keiner AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterlägen. Die Klauseln, mit denen die Bank für die Ausstellung einer Ersatz-BankCard bzw. einer Ersatz-PIN ein Entgelt verlange, seien demgegenüber unwirksam, weil sie gegen das Transparenzgebot verstießen.
Das Berufungsgericht in dem Verfahren XI ZR 183/23 hat die Klage ebenfalls abgewiesen. Bei der Vereinbarung über das von Neukunden auf Spareinlagen zu entrichtende Verwahrentgelt handele es sich um eine die Hauptleistung betreffende Preisabrede, die keiner AGB-rechtlichen Kontrolle unterliege. Die Regelungen über das Verwahrentgelt im Preis- und Leistungsverzeichnis sowie im Preisaushang hätten nur für Neukunden, nicht hingegen für Bestandskunden gegolten. Das mit Bestandskunden vereinbarte „Guthabenentgelt“ stelle ebenfalls eine Preishaupt-abrede dar und unterliege nicht der Inhaltskontrolle. Es handele sich um ein Entgelt für die einseitige Verpflichtung der Bank, das Sparguthaben sicher zu verwahren und dem Sparer den gleichen Betrag zurückzugewähren.
Die Kläger in den Verfahren XI ZR 61/23, XI ZR 65/23 und XI ZR 183/23 verfolgen mit ihrer jeweils vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ihre Klageanträge weiter. In dem Verfahren XI ZR 161/23 verfolgt der Kläger mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision seine Klageanträge weiter, soweit das Berufungsgericht die Klage abgewiesen hat. Die Beklagte verfolgt mit der Revision ihren Klageabweisungs-antrag weiter.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in den Verfahren XI ZR 61/23, XI ZR 65/23 und XI ZR 161/23 entschieden, dass mit dem Verwahrentgelt eine Hauptleistung aus dem Girovertrag bepreist wird und die in Giroverträgen vereinbarten Klauseln über Verwahrentgelte damit zwar keiner AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliegen, die Klauseln aber gegen das sich gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB auch auf das Hauptleistungsversprechen erstreckende Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoßen und damit gegenüber Verbrauchern unwirksam sind. Giroverträge sind typengemischte Verträge, bei denen die von der Bank erbrachten Leistungen Elemente des Zahlungsdiensterechts, des Darlehnsrechts und der unregelmäßigen Verwahrung aufweisen können. Eine unregelmäßige Verwahrung nach § 700 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. §§ 488 ff. BGB liegt vor, wenn auf dem Girokonto ein Guthaben vorhanden ist. Die Verwahrung von Guthaben auf Girokonten stellt neben der Erbringung von Zahlungsdiensten eine den Girovertrag prägende Leistung und damit eine Hauptleistung aus dem Girovertrag dar. Wie die in der Vergangenheit nicht unübliche Vertragspraxis der Banken, auf Girokonten bestehende Guthaben geringfügig zu verzinsen, belegt, dient das Guthaben auf Girokonten nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien zudem nicht ausschließlich der Teilnahme am Zahlungsverkehr. Die Kreditwirtschaft kann mit dem sogenannten „Bodensatz“ der Guthaben wirtschaften, die sie auf Girokonten verwahrt. 10% dieser Guthaben können von der Bankwirtschaft nach dem Aufsichtsrecht für die Unterlegung von Risiken im Aktivgeschäft verwendet werden. Die Kunden haben ebenfalls ein Interesse an der Nutzung der Girokonten als „Verwahrstelle“ für ihr Geld. Sie können ihr Bargeld mithilfe des Girokontos sicher aufbewahren und Guthaben auf Girokonten belassen, ohne sich um eine Weiterverwendung kümmern zu müssen. Darüber hinaus sind Gutschriften auf Girokonten als Sichteinlagen durch die gesetzlichen Einlagensicherungssysteme geschützt und für Kunden jederzeit verfügbar. Diese Gesichtspunkte rechtfertigen es bei einer Gesamtschau, die Verwahrung von Guthaben auf Girokonten als von der Bank im Rahmen des Girovertrags erbrachte Hauptleistung anzusehen. Aus den Regelungen der § 700 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB ergibt sich weiter, dass ein Verwahrentgelt keine gesetzlich nicht vorgesehene Gegenleistung des Kunden darstellt.
Die Verwahrentgeltklauseln in Giroverträgen in den Verfahren XI ZR 61/23, XI ZR 65/23 und XI ZR 161/23 sind allerdings intransparent und aus diesem Grund unwirksam. Sie sind hinsichtlich der Höhe des Verwahrentgelts nicht bestimmt genug, so dass Verbraucher ihre mit den Klauseln verbundenen wirtschaftlichen Belastungen nicht hinreichend erkennen können. Die Klauseln informieren nicht hinreichend genau darüber, auf welches Guthaben sich das Verwahrentgelt in Höhe von 0,7% p.a. (so im Verfahren XI ZR 61/23) bzw. in Höhe von 0,5% p.a. (so in den Verfahren XI ZR 65/23 und XI ZR 161/23) bezieht. Die auf Girokonten bestehenden Guthaben können sich infolge der Verbuchung von Gutschriften und Belastungen innerhalb eines Tages mehrfach ändern. Die in den Klauseln verwendeten Formulierungen lassen allerdings offen, welcher konkrete Guthabenstand auf den Girokonten für die Berechnung des Verwahrentgelts jeweils maßgebend sein soll. Unklar ist dabei vor allem, ob die Berechnung des Verwahrentgelts taggenau erfolgen soll und bis zu welchem Zeitpunkt Tagesumsätze auf den Girokonten bei der Berechnung des maßgebenden Guthabensaldos berücksichtigt werden sollen.
Die Klauseln über Verwahrentgelte für Einlagen auf Tagesgeldkonten (XI ZR 161/23) und für Spareinlagen (XI ZR 183/23) unterliegen demgegenüber einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, weil sie die von der Bank geschuldete Hauptleistung abweichend von der nach Treu und Glauben geschuldeten Leistung verändern. Sie halten der Inhaltskontrolle nicht stand, weil sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweichen und die Verbraucher entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB). Einlagen auf Tagesgeldkonten und Sparkonten dienen nicht nur der sicheren Verwahrung von Geldern, sondern darüber hinaus auch Anlage- und Sparzwecken.
Gelder auf Tagesgeldkonten werden in der Regel in Höhe der Marktzinsen am Geldmarkt variabel verzinst. Dementsprechend hat die Beklagte in dem Verfahren XI ZR 161/23 die von ihr angebotenen Tagesgeldkonten unter der Rubrik „Anlegen und Sparen“ damit beworben, dass täglich über die Gelder verfügt werden könne und diese mit einer „attraktiven“ Rendite angelegt würden. Mit der Erhebung eines laufzeitabhängigen Verwahrentgelts in Höhe von 0,5% p.a. verlieren die Tagesgeldkonten allerdings gänzlich ihren Spar- und Anlagezweck. Denn bei einer gleichzeitigen Verzinsung der Einlage mit 0,001% p.a. reduziert sich das auf den Tagesgeldkonten eingelegte Kapital täglich, bis die Einlage den in den Klauseln genannten Freibetrag von 50.000 € erreicht. Hierdurch wird der Charakter des Vertrags über ein Tagesgeldkonto nach Treu und Glauben verändert.
Zweck von Spareinlagen ist es, das Vermögen von natürlichen Personen mittel- bis langfristig aufzubauen und durch Zinsen vor Inflation zu schützen. Dieser Charakter des Sparvertrags wird durch die Erhebung eines Verwahr- oder eines Guthabenentgelts entgegen den Geboten von Treu und Glauben verändert, da das laufzeitabhängige Verwahr- oder Guthabenentgelt mit dem den Sparvertrag kennzeichnenden Kapitalerhalt nicht zu vereinbaren ist. Denn auch das Verwahr- bzw. Guthabenentgelt in dem Verfahren XI ZR 183/23 führt dazu, dass die Höhe der Spareinlagen fortlaufend bis zu dem vereinbarten Freibetrag sinkt. Die Erhebung des Verwahrentgelts reduziert die auf die Sparverträge eingezahlten Spareinlagen, was von dem Vertragszweck „Kapitalerhalt und Sparen“ abweicht, nach dem das eingezahlte Kapital mindestens zu erhalten ist.
Diese Abweichung stellt eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher dar. Soweit Kreditinstitute im Euroraum im Zeitraum vom 11. Juni 2014 bis 26. Juli 2022 auf bestimmte Einlagen, die sie bei ihrer nationalen Zentralbank unterhielten, „negative Zinsen“ zu zahlen hatten, rechtfertigt dies nicht, die vertraglich berechtigten Erwartungen von Verbrauchern, ihre auf Tagesgeld- und auf Sparkonten verbuchten Einlagen mindestens zu erhalten, durch die Einführung eines Verwahr- oder Guthabenentgelts zu enttäuschen, das die Einlage bis zu einem Freibetrag fortlaufend reduziert.
Soweit die klagenden Verbraucherschutzverbände in den Verfahren XI ZR 65/23 und XI ZR 161/23 von der jeweiligen Beklagten als Folgenbeseitigung die Rückzahlung der auf der Grundlage der unwirksamen Verwahrentgeltklauseln vereinnahmten Entgelte an die betroffenen Verbraucher und Auskunft über deren Vornamen, Zunamen und Anschriften verlangen, hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Klage abgewiesen. Wie der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 11. September 2024 (I ZR 168/23, Pressemitteilung 180/2024) bereits entschieden hat, ist eine solche Klage hinsichtlich des Zahlungsbegehrens bereits unzulässig, weil der Kläger mit seinem Antrag die Kunden der Beklagten nicht individualisiert, an die die Rückzahlung erfolgen soll, so dass es an der nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderlichen Bestimmtheit des Klageantrags fehlt. Die begehrte Auskunft können die Kläger nicht beanspruchen, weil einem Verbraucherschutzverband im Rahmen eines Klageverfahrens nach dem Unterlassungsklagengesetz kein Beseitigungsanspruch auf Rückzahlung rechtsgrundlos vereinnahmter Entgelte an die betroffenen Verbraucher gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs gemäß §§ 3, 3a UWG i.V.m. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zusteht, so dass auch der insoweit als Hilfsanspruch anzusehende Auskunftsanspruch nicht besteht.
Soweit der Kläger in dem Verfahren XI ZR 183/23 als Folgenbeseitigung Auskunft über die betroffenen Verbraucher und die Versendung eines von ihm formulierten Berichtigungsschreibens durch die Beklagte an die betroffenen Verbraucher verlangt, hat der XI. Zivilsenat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
In dem Verfahren XI ZR 161/23 hat der XI. Zivilsenat schließlich entschieden, dass die Klauseln zu einem Entgelt für die Ausstellung einer Ersatz-BankCard bzw. einer Ersatz-PIN unwirksam sind, da sie gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoßen. Der Verbraucher kann nicht hinreichend erkennen, in welchen Fällen die Beklagte zur Ausstellung einer Ersatzkarte bzw. einer Ersatz-PIN verpflichtet ist, und damit nicht, ob er das Entgelt von 12 € bzw. 5 € tatsächlich zahlen muss. Der durchschnittliche, rechtlich nicht gebildete, verständige Verbraucher erkennt zwar, dass er nach den Klauseln nur dann zur Zahlung verpflichtet sein soll, wenn weder eine gesetzliche noch eine vertragliche Verpflichtung der Bank zur Ausstellung einer Ersatzkarte bzw. einer Ersatz-PIN besteht. In den Klauseln fehlt aber jegliche Konkretisierung, wann eine solche Verpflichtung der Bank besteht. Ausführungen über die typischen Fälle, in denen der Verbraucher eine Ersatzkarte bzw. eine Ersatz-PIN benötigt (Verlust, Diebstahl und Missbrauch), enthalten die Klauseln nicht. Die Entgeltklauseln versetzen den Verbraucher damit nicht in die Lage, die Reichweite der beabsichtigten Entgeltpflicht in seinem praktischen Geltungsbereich zu bestimmen.
Vorinstanzen:
XI ZR 61/23
Landgericht Leipzig – Urteil vom 8 Juli 2021 – 5 O 640/20
Oberlandesgericht Dresden – Urteil vom 30. März 2023 – 8 U 1389/21
und
XI ZR 65/23
Landgericht Düsseldorf – Urteil vom 22. Dezember 2021 – 12 O 34/21
Oberlandesgericht Düsseldorf – Urteil vom 30. März 2023 – 20 U 16/22
und
XI ZR 161/23
Landgericht Berlin – Urteil vom 28. Oktober 2021 – 16 O 43/21
Kammergericht Berlin – Urteil vom 9. August 2023 – 26 U 129/21
und
XI ZR 183/23
Landgericht Frankfurt am Main – Urteil vom 18. November 2022 – 2-25 O 228/21
Oberlandesgericht Frankfurt am Main – Urteil vom 5. Oktober 2023 – 3 U 286/22
BGH, 04.02.2025