Mit Beschluss vom 28. November 2024 hat das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße das Verfahren zur Betreiberverantwortlichkeit für die stillgelegte Deponie Jockgrim-Büchelberg eingestellt.
In dem Verfahren wandte sich der Landkreis Germersheim gegen einen Bescheid der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd (SGD Süd) vom 20. Januar 2023. In dem Bescheid war der Landkreis als letzter Betreiber der Deponie Jockgrim-Büchelberg und damit deponierechtlich Verantwortlicher bestimmt und zur Durchführung dort näher bezeichneter Sanierungsmaßnahmen verpflichtet worden.
Auf dem späteren Deponiegelände, das im Eigentum des Landes Rheinland-Pfalz steht, wurde bis zum Jahr 1969 von einer Ziegelei Ton abgebaut. Im Februar 1970 pachtete die Südpfälzische Gesellschaft für Verbrennung und fachgerechte Beseitigung von Industriemüll mbH & Co. KG (im Folgenden nur Gesellschaft) das Gelände. Durch Bescheid vom 28. April 1970 wurde der Gesellschaft die naturschutzrechtliche Genehmigung zum Betrieb einer Industriemülldeponie erteilt. Nachdem auf dem Gelände der Deponie eine Kontamination des Oberflächenwassers festgestellt worden waren, wurde der Gesellschaft der weitere Deponiebetrieb untersagt und die Betriebsgenehmigung widerrufen. Trotz wiederholter behördlicher Aufforderungen zur Gefahrbeseitigung wies die Gesellschaft jegliche Verantwortung zurück und kündigte den Pachtvertrag.
Ab April 1972 wurde die Grube teilweise mit Bauschutt verfüllt. Parallel hierzu wurden mit dem Landkreis Gespräche über eine mögliche Übernahme der Deponie und weitere Verfüllung der Grube aufgenommen. Der Kreis weigerte sich jedoch, die Deponie vor der Durchführung zusätzlicher Maßnahmen zur Gefahrenabwehr in eigener Verantwortung zu betreiben. Nachdem die Gesellschaft in der Folge weiteren Gefahrbeseitigungsanordnungen nicht nachkam, begann der Kreis die Grube im Wege der Ersatzvornahme aufzufüllen. Im April 1973 zeigte er gegenüber der zuständigen Stelle an, dass er auf dem Gelände der Mülldeponie Jockgrim-Büchelberg eine Zentraldeponie betreibe. Durch Bescheid vom 9. August 1973 wurde ihm diesbezüglich unter anderem zur Auflage gemacht, das am Zaun zur B 9 hin befindliche Fasslager nicht in den Deponiebetrieb einzubeziehen. In der Folge wurden wiederum im Wege der Ersatzvornahme diverse Maßnahmen zur Gefahrbeseitigung ergriffen. Im Jahr 1976 wurde das Gelände in rekultiviertem Zustand vom Kreis an das Land zurückgegeben.
Das Deponiegelände unterlag danach einer Überwachung durch das Land und es wurden weitere Maßnahmen zur Gefahrerforschung ergriffen. Im November 2019 erfolgte die erste erneute Kontaktaufnahme zwischen dem Kreis und dem Land in Bezug auf das weitere Vorgehen.
Am 20. Januar 2023 erließ die SGD Süd den angefochtenen Bescheid, den sie nunmehr in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Neustadt am 28. November 2024 aufgehoben hat. Daraufhin erklärten die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt.
Vorangegangen war ein gerichtlicher Hinweis zur Sach- und Rechtslage durch das Gericht. Danach sei davon auszugehen, dass der Landkreis für die weiterhin von Teilen der Deponie („Fasslager“) ausgehenden Grundwasserverunreinigungen nicht verantwortlich sei. Er habe zu keinem Zeitpunkt die rechtliche oder tatsächliche Kontrolle über diesen kontaminierten Bereich ausgeübt. Ihm sei ein Deponiebetrieb im Bereich des Fasslagers vielmehr ausdrücklich untersagt worden. Auch der Zeitablauf von mehreren Jahrzehnten zwischen der Rückgabe des Geländes an das Land nach erfolgter Renaturierung im Jahr 1976 und der erneuten Kontaktaufnahme des Landes im Jahr 2019 spreche gegen eine Verantwortlichkeit des Kreises. Überdies erweise sich seine Inanspruchnahme als unverhältnismäßig. Die Stilllegung der Zentraldeponie liege lange zurück. Zugleich habe die (unterstellte) Inhaberschaft der tatsächlichen und rechtlichen Verfügungsgewalt des Kreises nur für einen kurzen Zeitraum bestanden. Er habe die Übernahme der Deponiegrube zudem zunächst ausdrücklich verweigert, bis Sanierungsmaßnahmen in die Wege geleitet worden seien, die durch das Land ohne sein Wissen (nicht vollständig erfolgreich) durchgeführt worden seien. Darüber hinaus bestehe die erkennbare Verantwortlichkeit eines Dritten für die Schadstoffbelastung. Schließlich werde der Kreis durch die in dem Bescheid angeordneten Sanierungsmaßnahmen über Gebühr belastet.
Verwaltungsgericht Neustadt, Beschluss vom 28. November 2024 – 4 K 336/23.NW –
VG Neustadt/WStr., 27.12.2024