Zum vierten Mal in Folge haben Deutschlands Banken ihre durchschnittliche Eigenkapitalrendite nach Steuern gesteigert. Mit 6,1 Prozent erreichte sie 2023 den höchsten Wert seit fünfzehn Jahren. Einen wesentlichen Anteil an diesem Erfolg hatte die Normalisierung des Zinsumfelds. Die rasche Folge der Leitzinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) erleichterte es der Branche, ihre Zinsüberschüssesignifikant zu erhöhen. In der zehnten Auflage ihrer Studie zur Lage der deutschen Kreditwirtschaft „Deutschlands Banken 2024: Rendite steigt – zur Aufholjagd bereit?“ analysiert die internationale Unternehmensberatung Bain & Company die jüngsten Entwicklungen. Zudem wird erläutert, wie hiesige Kreditinstitute die nach wie vor bestehende Renditelücke zum internationalen Wettbewerb schließen können.

„Die tiefgreifende Transformation der deutschen Banken zahlt sich aus“, erklärt Walter Sinn, Bain-Deutschlandchef und Co-Autor der Studie. Er verweist insbesondere auf die jüngst auf 59 Prozent verbesserte Cost-Income-Ratio – einen Wert, den die Branche zuletzt 1983 erreichte. Allerdings verdeckt hierbei der deutlich höhere Zinsüberschuss, dass die Provisionsüberschüsse stagnieren und die Verwaltungskosten unverändert steigen. Vor diesem Hintergrund betont Sinn: „Deutschlands Banken müssen ihre Transformation intensivieren, die Kosten nachhaltig senken und ihre Ertragsquellen stärker diversifizieren.“

Privatbanken sind besonders renditestark, Großbanken holen auf

Die Entwicklung im vergangenen Jahr gibt der Branche Rückenwind. Erstmals seit langer Zeit konnten alle elf Institutsgruppen ihre durchschnittliche Eigenkapitalrendite steigern. Besonders ertragsstark waren erneut die Privatbanken mit einer Rendite in Höhe von 11,1 Prozent. Im Ranking folgen die genossenschaftliche Zentralbank mit 8,3 Prozent sowie die drei Großbanken mit 7,4 Prozent. Diese Institutsgruppen erwirtschaften inzwischen Renditen, die über oder nahe den durchschnittlichen Eigenkapitalkosten in Höhe von rund 8 bis 10 Prozent liegen. Andere Institutsgruppen sollten und können der Bain-Studie zufolge nachziehen.

Den Aufholbedarf unterstreicht ein Vergleich mit den Renditen von Wettbewerbern in der Euro-Zone und in Nordamerika. Danach lag die Eigenkapitalrendite der Banken in wichtigen Euro-Staaten im vergangenen Jahr im Durchschnitt bei 8,7 Prozent, nordamerikanische Häuser erwirtschaften sogar 10,1 Prozent. Jens Oesterle, Associate Partner bei Bain und Co-Autor der Studie, begründet den Rückstand: „Im fragmentierten deutschen Markt ist es schwieriger, auskömmliche Margen durchzusetzen. Zudem nutzt die hiesige Branche ihr Kapital bislang nicht so gezielt wie der ausländische Wettbewerb.“

Während die Institute im Euro-Raum in den vergangenen zehn Jahren ihre Kapitaleffizienz um 13 Prozent verbessern konnten, beschränkt sich der Zuwachs hierzulande auf lediglich 4 Prozent. „Eine optimierte Kapitalallokation steht bei vielen Banken in Deutschland nicht so sehr im Fokus“, beobachtet Branchenexperte Oesterle. „In der Folge ist zu viel Kapital in nicht-strategischen Geschäftsfeldern gebunden und zu selten wird der Kapitalumschlag beispielsweise durch die Verbriefung von Krediten erhöht.“

Weiter steigende Eigenkapitalrendite ist möglich

Auch an anderen Stellen gibt es weiterhin Handlungsbedarf. Der Studie zufolge sollte sich die Branche in Deutschland neben einer optimierten Kapitalallokation vor allem auf operative Exzellenz sowie Investitionen in organisches und anorganisches Wachstum konzentrieren. Denn so können die Banken ihr Kerngeschäft bereits kurzfristig weiter stärken und differenzieren. Darüber hinaus eröffnet sich die Möglichkeit, schrittweise die Marktstellung zu erweitern und das Geschäftsmodell auch über Zukäufe zu skalieren. Für alle Häuser ist zudem unverzichtbar, verstärkt neue Technologien und allen voran künstliche Intelligenz zu nutzen.

„Wenn Deutschlands Banken alle verfügbaren Hebel angehen, können sie ihre Eigenkapitalrendite um bis zu 8 Prozentpunkte erhöhen“, so Oesterle. „Zweistellige Renditen sind damit auch in Zeiten rückläufiger Zinsen und höherer Risikovorsorge möglich.“ Bain schätzt, dass derlei Herausforderungen die Rendite der Kreditinstitute ohne aktives Handeln mittelfristig um 1 bis 2 Prozentpunkte schmälern würden.

Transformative Konsolidierung kann für mehr Gewinn sorgen

Einen Schwerpunkt der diesjährigen Studie bilden die Möglichkeiten und Voraussetzungen einer stärkeren Konsolidierung des fragmentierten deutschen Marktes. Derzeit verringert sich die Zahl der Institute um gut 4 Prozent pro Jahr. Da vor allem kleinere Institute betroffen sind, wirkt sich dies kaum auf die Rentabilität der Gesamtbranche aus. Größere und eventuell auch grenzüberschreitende Transaktionen hätten dagegen spürbare Auswirkungen auf die Profitabilität. 

Einer weitreichenden Konsolidierung stehen derzeit allerdings noch zahlreiche Hürden im Weg. Das Spektrum reicht hierbei von komplexen Eigentümerstrukturen bis hin zur fehlenden Kapitalmarktunion. Bain-Deutschlandchef Sinn rät Banken daher, sich auf eine beschleunigte und ganzheitliche Transformation zu fokussieren. „Je ertragsstärker Institute sind, desto größer ist ihr Handlungsspielraum, wenn es tatsächlich zu einer Europäisierung der Kapitalmärkte kommt“, betont Sinn.

Über die Studie

Zum zehnten Mal wertet Bain & Company die Bilanz- und GuV-Strukturen der deutschen Kreditinstitute aus, von denen es 2023 noch knapp 1.330 gab. Die Expertinnen und Experten nutzen dazu Zeitreihen der Deutschen Bundesbank, der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie die Datenbanken von Dun & Bradstreet und S&P Global. Der Zuschnitt der Institutsgruppen orientiert sich an der Klassifizierung der Deutschen Bundesbank.

Bain, 17.12.2024

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