Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat an die Unterstützer der Ukraine und an das von Russland überfallene Land appelliert, im Bemühen um ein Ende des Krieges diplomatische Lösungen mitzudenken. Der Überfall auf die Ukraine sei „eine flagrante völkerrechtswidrige Aktion“, sagte Merkel am Donnerstag, 28. November 2024, in der ZDF-Sendung „maybrit illner“. Es sei „nicht nur im Interesse der Ukraine, sondern auch im Interesse von uns, dass Putin diesen Krieg nicht gewinnt“, betonte die Altkanzlerin. Ohne „da konkrete Ratschläge zu geben“ sage sie aber auch, „dass man parallel immer auch diplomatische Lösungen mitdenken muss“. Diese müsse man „nicht jetzt schon auspacken“. Wann dafür der richtige Zeitpunkt gekommen sei, müssten „alle miteinander gemeinsam beraten – die Ukraine genauso wie ihre Unterstützer“. Letzteres sei „richtig und wichtig und das ist auch eigentlich ziemlich logisch, glaube ich, dass das Freunde miteinander gemeinsam tun“, so Merkel.
Unterstützung für Agieren der Bundesregierung im Ukraine-Konflikt
Was die amtierende Bundesregierung im Ukraine-Konflikt tue, unterstütze sie, sagte Merkel. Sie werde sich nicht „im Fernsehen kritisch dazu äußern“. Alle anderen Diskussionen müssten „unter den heute Agierenden“ geführt werden. „Dass ein militärischer Sieg für die Ukraine nicht ganz einfach ist, das konnte man ahnen. Und trotzdem unterstütze ich alles, was die Staatengemeinschaft tut, um die Ukraine in eine gute Lage zu versetzen.“ Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) weise mit Recht darauf hin, dass Deutschland „nun wirklich auch zu den großen Unterstützern der Ukraine gehört“.
Minsker Abkommen kein Fehler
Erwartungen, wonach sie sich für ihre Russland-Politik entschuldigen müsse, begegnete die Kanzlerin a.D. so: „Ich entschuldige mich nur für Dinge, Osterruhe bei Corona zum Beispiel, bei denen ich wirklich im Nachhinein der Meinung bin, sie waren zu einem bestimmten Zeitpunkt falsch getroffen.“ Auch nach „reiflicher Prüfung“ während der langen Arbeit an ihrer Biografie könne sie das in der Russland-Frage „nicht erkennen“, sagte Merkel und fügte hinzu: „Das Drama ist, dass es nicht so geendet hat, wie ich es mir gewünscht habe.“ Zurückversetzt in die Zeit, in der die Entscheidungen getroffen wurden, glaube sie jedoch nicht, dass etwa das Minsker Abkommen ein Fehler gewesen sei.
Appell für Maß und Mitte im kommenden Wahlkampf
Merkel räumte ein, dass die große Zahl an nach Deutschland kommenden Menschen zu höheren Zustimmungswerten für die AfD geführt habe. Die Altkanzlerin verwies jedoch darauf, dass die Rechtsaußenpartei bei ihrem Ausscheiden aus dem Amt zwischen 10 und 11 Prozent lag, heute aber 18 Prozent erreiche. „Also, es muss zwischendurch auch noch was passiert sein“, mutmaßte sie. Jetzt müssten die demokratischen Parteien Lösungen anbieten und nicht Agenda und Worte der AfD übernehmen. „Ich denke, dass es genügend couragierte Menschen in Deutschland gibt, die sich zur Freiheit (…) und zur Demokratie bekennen und ich hoffe, dass es Maß und Mitte in auch der politischen Auseinandersetzung im jetzt kommenden Wahlkampf gibt, damit die demokratischen Kräfte daraus gestärkt hervorgehen“, so die Altbundeskanzlerin.
Das Interview steht mit Untertiteln und in der ZDFmediathek mit Deutscher Gebärdensprache (DGS) zur Verfügung.
ZDF, 29.11.2024