Die frühere Staatssekretärin Prof. Dr. Sabine Döring hat keinen Anspruch auf Unterlassung bestimmter Äußerungen der ehemaligen Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger in der Pressemitteilung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 16.06.2024. Das hat das Oberverwaltungsgericht heute auf Antrag der früheren Staatssekretärin (Antragstellerin) entschieden und damit die erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Minden bestätigt.

Die Ministerin hat mit dieser Pressemitteilung im Zuge der sogenannten. „Fördergeldaffäre“ ihre Bitte begründet, die Antragstellerin in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Dabei hat sie sich auch zu der internen Beauftragung einer Prüfung förderrechtlicher Konsequenzen für die Unterzeichner des „Statement(s) von Lehrenden an Berliner Universtäten“ vom 08.05.2024 geäußert. Mit diesem offenen Brief war die von dem Präsidium der FU Berlin veranlasste polizeiliche Räumung eines propalästinensischen „Protestcamps“ auf dem Hochschulgelände kritisiert worden. Die Ministerin führte in der Pressemitteilung aus, dass „eine Prüfung förderrechtlicher Konsequenzen bei den zuständigen Fachreferaten in der Tat erbeten wurde“, dass die Antragstellerin „den zugrundeliegenden Prüfauftrag veranlasst“ und erklärt habe, „dass sie sich bei ihrem Auftrag der rechtlichen Prüfung offenbar missverständlich ausgedrückt habe“. Den auf Unterlassung dieser Darstellung (und auf Erteilung einer Aussagegenehmigung) gerichteten Eilantrag der Antragstellerin lehnte das Verwaltungsgericht Minden mit Beschluss vom 06.09.2024 ab. Die daraufhin von der Antragstellerin erhobene Beschwerde, mit der sie nur noch das Unterlassungsbegehren weiterverfolgte, hatte vor dem Oberverwaltungsgericht keinen Erfolg.

Zur Begründung hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts im Wesentlichen ausgeführt: Auch aus dem Beschwerdevortrag der Antragstellerin ergibt sich nicht, dass ihr ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Unterlassung der Wiederholung der gerügten Erklärung zusteht. Mit dieser Erklärung werden keine unwahren Tatsachen behauptet. Unzutreffend ist zunächst die Rechtsansicht der Antragstellerin, das Ministerium habe mit der Presseerklärung behauptet, die Antragstellerin habe eine Prüfung förderrechtlicher Konsequenzen erbeten. Maßgeblich für das Verständnis von entsprechenden Erklärungen ist nach der Rechtsprechung ein unvoreingenommener und verständiger Durchschnittsempfänger. Ein solcher Empfänger der Presseerklärung kann diese angesichts des klaren Wortlauts der gerügten Passage und deren sprachlichen Kontextes nur dahin verstehen, dass von dem – in der Erklärung nicht benannten – Handelnden bei den Fachreferaten eine förderrechtliche Prüfung erbeten wurde, die auf einen missverständlich formulierten und daher inhaltlich unklaren Prüfauftrag der Antragstellerin zurückging. Die von der Antragstellerin angeführten Kommentierungen des Vorgangs durch Politiker und Journalisten ändern, soweit sie überhaupt die Ansicht der Antragstellerin stützen, diese Bewertung nicht. Als nachträgliche Äußerungen können sie nämlich keine dem Durchschnittsempfänger erkennbaren Begleitumstände der Presseerklärung darstellen. Zudem sind sie interessegeleitet und ignorieren erkennbar die differenzierte Darstellung der Presseerklärung.

Dass die Aussage des Ministeriums für Bildung und Forschung zur Verantwortlichkeit der Antragstellerin für den Prüfauftrag als solche unwahr ist, ergibt sich aus dem Beschwerdevortrag ebenfalls nicht. Die Behauptung der Antragstellerin, es habe schon am 10.05.2024 einen anderweitig initiierten internen Rechercheauftrag gegeben, erweist sich nach einer detaillierten Auswertung des Akteninhalts und insbesondere der E-Mails, die innerhalb der zuständigen Abteilung des Ministeriums versandt worden sind, als unzutreffend. Danach ist am 10.05.2024 kein Auftrag zu einer Prüfung förderrechtlicher Konsequenzen erteilt, sondern allein eine Auflistung der geförderten Unterzeichner erbeten worden, um in der anstehenden Pressekonferenz „sprechfähig“ zu sein. Auch der Beschwerdevortrag, das Verwaltungsgericht habe einen fehlerhaften Inhalt des Telefonats, mit dem die Antragstellerin den Prüfauftrag vom 13.05.2024 erteilt hat, angenommen, greift nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat nämlich nur darauf abgestellt, dass die Antragstellerin überhaupt einen Prüfauftrag ausgesprochen hat, und dessen Inhalt ausdrücklich offengelassen. Zudem hat die Antragstellerin selbst wiederholt von einer missverständlichen Auftragserteilung gesprochen, die den Prüfinhalt für den Adressaten unklar ließ. Die (dem entsprechende) Erklärung der Antragstellerin in ihrer an die Mitarbeiter des Ministeriums gerichteten E-Mail vom 14.06.2024, am 13.05.2024 einen missverständlich formulierten Prüfauftrag erteilt zu haben, ist der Antragstellerin entgegen dem Beschwerdevortrag zuzurechnen. Das ergibt sich aus Genese dieser E-Mail, die der Senat im Einzelnen nachverfolgt hat. Danach hat die Antragstellerin sich mit dem – von dem für Kommunikation verantwortlichen Mitarbeiter entworfenen – Inhalt der E-Mail nach Abstimmung mit ihr ausdrücklich „völlig einverstanden“ erklärt, sodann selbst noch ein Wort ausgetauscht und ist nur der von ihr schließlich noch gewünschte Austausch eines weiteren, aber unerheblichen Wortes unterblieben.

Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden ist damit rechtskräftig.

Aktenzeichen 1 B 911/24 (I. Instanz: VG Minden 12 L 588/24)

(c) OVG NRW, 21.11.2024

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