Love Scam, Schockanrufe und der angebliche Enkel auf der Intensivstation: Betrüger denken sich immer wieder neue Lock- und Schockszenarien aus, um an Geld und Wertgegenstände ihrer Opfer zu kommen. Täter kann z. B. ein falscher Freund oder sogar ein Familienmitglied sein. Der Vorsitzende der 93. Justizministerkonferenz und bayerische Justizminister Georg Eisenreich: „Wir beobachten, dass Kriminelle gezielt das Vermögen älterer Menschen ins Visier nehmen. Die bayerische Justiz verfolgt Täter konsequent. Täter nutzen die Sorgen, Ängste und Gutgläubigkeit ihrer Opfer schamlos aus. Beim Telefon- oder Internetbetrug operieren die Hintermänner oft aus Callcentern im Ausland.“

Die Schäden sind enorm. Eisenreich: „Mit dem sogenannten ‚Enkeltrick‘ erbeuteten Täter in Bayern im vergangenen Jahr etwa zwei Millionen Euro, weitere 6,1 Millionen Euro, indem sie sich als ‚falsche Polizisten‘ ausgaben. Es gab laut Polizei im Jahr 2021 allein 4.168 registrierte Schockanrufe in Bayern, mit einem Gesamtschaden von 3,7 Millionen Euro. Die Folgen dieser Taten können für die Opfer erheblich sein, nicht nur finanziell, sondern vor allem gesundheitlich. Es drohen in der Folge Angstzustände und Depressionen. Viele Betroffene bringen die Taten aus Scham oder anhaltender Gutgläubigkeit erst gar nicht zur Anzeige.“

Das Strafrecht muss nach dem Willen des Justizministers ältere Menschen besser schützen. Auf Initiative Bayerns hat sich die Justizministerkonferenz im Herbst 2021 für einen besseren strafrechtlichen Schutz älterer Menschen vor Vermögenskriminalität eingesetzt. Eisenreich: „Wer sich gezielt ältere Menschen als Opfer auswählt und deren Schwäche bewusst ausnutzt, muss mit härteren Strafen rechnen. Für Fälle von organsiertem Callcenter-Betrug schlagen wir eine erhöhte Mindeststrafe von zwei Jahren statt wie bisher einem Jahr vor. Der Bundesjustizminister ist bislang nicht tätig geworden. Die altersbedingte besondere Verletzbarkeit von Senioren muss im Strafgesetzbuch ausreichend berücksichtigt werden.“

Die bayerische Justiz setzt sich auch für gesetzliche Verbesserungen für Fälle von Haus- und Familienuntreue ein. Eisenreich: „Nicht nur Banden- und Trickbetrüger haben es auf das Vermögen älterer Menschen abgesehen. Täter kann z. B. auch ein Bekannter mit Vorsorgevollmacht, ein Familienmitglied oder ein gesetzlicher Betreuer sein. Die Mehrheit der Helfer leistet wertvolle Arbeit. Es gibt aber auch schwarze Schafe. Bislang muss der Geschädigte in diesen Fällen selbst einen Strafantrag stellen. Dazu sind die Opfer aber nicht immer in der Lage. Deshalb soll die Staatsanwaltschaft in diesen Fällen selbstständig ermitteln können.“

Hintergrund:

Am Telefon, im Internet oder vor Ort: Die Betrugsmethoden von Kriminellen werden immer raffinierter und perfider. Weit verbreitet sind:

  • Die Anrufer (sogenannte Keiler, die im Ausland sitzen) geben sich am Telefon als Verwandte, Polizisten oder Rechtsanwälte aus. Sie berichten beispielsweise von einem schweren Unfall, den ein Angehöriger verursacht haben soll. Nur bei sofortiger Zahlung eines Geldbetrags könnten strafrechtliche Konsequenzen vermieden werden.
  • Am Telefon oder über Messenger-Dienste wie WhatsApp bitten Kriminelle als vermeintliche Kinder oder Enkel um finanzielle Hilfe. Dabei wird beispielsweise ein Unfall vorgetäuscht.
  • Die Täter behaupten, sie seien Mitarbeiter großer Tech-Konzerne und wollten Sicherheitsprobleme beheben – via Telefon, Mail oder Internet. Dabei haben es die Kriminellen auf Zugriffsrechte und Passwörter abgesehen, um Geld oder Daten ihrer Opfer zu stehlen.
  • Digitale Heiratsschwindler nähern sich im Netz gezielt alleinstehenden Menschen, schaffen eine emotionale Abhängigkeit oder täuschen eine Beziehung vor. Sie schreiben ihre Opfer unter falschen Identitäten über Dating-Plattformen oder soziale Netzwerke an. Mit erfundenen Notlagen bitten sie um Geld oder erpressen Betroffene mit intimen Bildern oder Videos.
  • Falsche Polizisten: Die Betrüger operieren meist aus Callcentern – oft in der Türkei oder Osteuropa. Sie täuschen dringende Ermittlungen, Einbrüche in der Nachbarschaft oder Anklagen aus dem Ausland vor und wollen angeblich Geld oder Wertsachen in Sicherheit bringen.
  • Falsche Handwerker: Die Täter stellen sich gegenüber Seniorinnen und Senioren als Handwerker vor und behaupten, sie müssten in deren Wohnungen z. B. die Wasserleitung überprüfen. In der Wohnung entwenden sie Wertsachen, während die Bewohner abgelenkt werden.

Der so genannte Enkeltrick ist eine besonders hinterhältige Form des Betrugs, der für Opfer oft existenzielle Folgen haben kann. Sie können dadurch hohe Geldbeträge verlieren oder sogar um Ihre Lebensersparnisse gebracht werden.

Mit den Worten „Rate mal, wer hier spricht“ oder ähnlichen Formulierungen rufen Betrüger bei meist älteren und allein lebenden Personen an, geben sich als Verwandte, Enkel oder auch gute Bekannte aus und bitten kurzfristig um Bargeld. Als Grund wird ein finanzieller Engpass oder eine Notlage vorgetäuscht, beispielsweise ein Unfall, ein Auto- oder Computerkauf. Die Lage wird immer äußerst dringlich dargestellt. Oft werden die Betroffenen durch wiederholte Anrufe unter Druck gesetzt. Sobald das Opfer zahlen will, wird ein Bote angekündigt, der das Geld abholt.

Hat der Betroffene die geforderte Summe nicht parat, wird er gebeten, unverzüglich zur Bank zu gehen und dort den Betrag abzuheben. Nicht selten ruft der Täter sogar ein Taxi, wenn das Opfer den Weg nicht mehr zu Fuß bewältigen kann. Auf diese Weise haben Enkeltrick-Betrüger in der Vergangenheit bereits Beträge im fünfstelligen Eurobereich erbeutet

 

 

 

Der bayerische Justizminister Georg Eisenreich rät Betroffenen: „Sprechen Sie am Telefon niemals über ihre finanziellen Verhältnisse. Geben Sie niemals Kontodaten oder Passwörter preis. Schauen Sie im Netz genau hin, wer Sie kontaktiert. Ignorieren Sie Forderungen. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Beziehen Sie Familie oder Freunde ein. Überweisen Sie kein Geld. Stellen Sie keine Schecks aus. Senden Sie keine intimen Bilder oder Videos. Löschen Sie wenn nötig Ihr Profil. Und wichtig ist: Zeigen Sie die Täter an.“

Quelle: Bayerisches Staatsministerium der Justiz, Pressemitteilung vom 28. April 2022

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