Das Bundeskartellamt hat die geplante Übernahme der Olink Holding AB (publ), Schweden, einem weltweit tätigen Biotechnologieunternehmen, durch Thermo Fisher Scientific Inc., USA, freigegeben.

Thermo Fisher Scientific ist als „Forschungsausrüster“ eines der weltweit führenden Unternehmen im naturwissenschaftlichen Dienstleistungssektor.

Olink bietet Analysesysteme und Dienstleistungen im Bereich der Proteomik, der Erforschung des insbesondere menschlichen Proteoms, an, um Wissenschaftlern einen besseren Einblick in die Entstehung von Krankheiten und dadurch die Entwicklung besserer und gezielterer Therapien zu ermöglichen. Der vereinbarte Kaufpreis beträgt etwa 2,8 Mrd. Euro.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts: „Bei der Übernahme eines innovativen Biotechnologieunternehmens durch ein bedeutendes Life-Science-Unternehmen ist es erforderlich, die Märkte genau zu analysieren und zu durchdringen, wie sich verschiedene Tätigkeiten und Forschungszweige ergänzen. Gerade in einem so zukunftsträchtigen Bereich wie der Proteomik, die für unser aller Gesundheit von großer Bedeutung ist, müssen wir sicherstellen, dass durch eine Fusion von in ihrem jeweiligen Bereich führenden Unternehmen die Forschung nicht ausgebremst wird. Im Ergebnis haben wir gegen die Übernahme keine durchgreifenden wettbewerblichen Bedenken. So kommt es durch den Zusammenschluss auf den betroffenen Märkten nur zu unwesentlichen Marktanteiladditionen. Mögliche Bündelungen der Produkte oder die Gefahr einer Abschottung der Märkte, die intensiv geprüft wurden, kommen im Ergebnis nicht zum Tragen.“

Das Vorhaben war aufgrund der sog. Transaktionswertschwelle im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in Deutschland anmeldepflichtig. Die Vorschrift sieht die Prüfung von Zusammenschlüssen insbesondere dann vor, wenn Unternehmen zu einem Kaufpreis von mehr als 400 Mio. Euro erworben werden, obwohl sie noch sehr geringe oder keine Umsätze erzielen, soweit sie in erheblichem Umfang in Deutschland tätig sind. So können Zusammenschlussvorhaben geprüft werden, die trotz der geringen Umsätze des Zielunternehmens eine hohe wirtschaftliche Bedeutung haben (z. B. bei sehr forschungsstarken Unternehmen oder wenn neuartige Wachstumsmärkte betroffen sind).

Olink bietet Proteinanalysen mittels einer Biomarker-Plattform (Antikörpertest) für Proben aus menschlichen Körperflüssigkeiten (insbesondere Blut) an. Die Reagenzien-Sätze beruhen auf der unternehmenseigenen sog. Proximity Extension Assay- („PEA“) Technologie. Durch dieses Verfahren, die sogenannte High-Plex-Analyse, können gleichzeitig bis zu 5.400 spezifische Zielproteine zielgerichtet in sehr kurzer Zeit analysiert werden. Das ist insbesondere bei der Durchführung von Kohortenstudien relevant.

Thermo Fisher Scientific ist u. a. in der Herstellung und Entwicklung von hochauflösenden Massenspektrometern, sog. „High Resolution Accurate Mass“-, kurz „HRAM“-Massenspektrometern, tätig, welche neben anderen Anwendungsgebieten ebenfalls für Proteinanalysen genutzt werden. Diese auf einer völlig anderen Technologie beruhenden, hochspezialisierten Messgeräte haben den Vorteil, bis zu 20.000 menschliche Zielproteine und potenziell mehr als eine Million Proteoform-Varianten identifizieren zu können. Sie ermöglichen eine hypothesenfreie, d.h. nicht zielgerichtete, Untersuchung der in einer Probe vorhandenen Proteine.

Beide Technologien sind unterschiedlichen sachlichen Märkten zuzuordnen, werden z. T. jedoch komplementär eingesetzt und erlauben bei paralleler Anwendung eine genauere Analyse des Proteoms, die die einzelne Technologie allein nicht zu leisten vermag.

Die überlegene Stellung von Olink auf dem Markt für High-Plex-Analysen und die starke Stellung von Thermo Fischer Scientific auf dem benachbarten Markt für HRAM-Massenspektrometer werden durch den Zusammenschluss nicht verstärkt. Das liegt insbesondere an den bisher nur begrenzten Überschneidungen der Kundenkreise für beide Produkte, die in aller Regel unabhängig voneinander beschafft werden, insbesondere aber an der Wettbewerbssituation auf den relevanten Märkten. Potenzieller Wettbewerb zwischen den Herstellern beider Methoden käme erst durch ein mögliches Zusammenwachsen der Märkte zu einem übergreifenden Proteomik-Forschungsmarkt in Betracht. Damit ist innerhalb des Prognosezeitraums von bis zu fünf Jahren jedoch nicht zu rechnen.

Auch sogenannte konglomerate Effekte durch etwa eine Bündelung der Produkte oder Abschottung der Märkte sind nicht zu erwarten. Gründe sind die technologischen Unterschiede und die dadurch weitgehend ausgeschlossene technische Bündelung, zudem die sehr unterschiedlichen Beschaffungszyklen und Preise, welche einer kommerziellen Bündelung im Wege stehen. Insbesondere aber sprechen die Ausweichmöglichkeiten der Kunden auf andere Wettbewerber, deren bereits eingeleitete Gegenstrategien in Form von Kooperationen und Akquisitionen und die Tatsache, dass es sich bei Märkten für HRAM-Massenspektrometer und insbesondere High-Plex-Proteinanalysen um innovative Wachstumsmärkte handelt, gegen eine erhebliche zusammenschlussbedingte Beeinträchtigung des Wettbewerbs. Auf beiden Märkten gibt es innovative Wettbewerber, die die Marktstellung der Beteiligten angreifbar machen. Auch die Wettbewerber stellen sich durch Akquisitionen gerade im Bereich der Proteomik zunehmend breiter auf. Eine Verkrustung von Marktstrukturen ist damit weder bisher festzustellen noch zu erwarten.

In Anbetracht all dieser Faktoren ist letztlich nicht davon auszugehen, dass es durch den Zusammenschluss zu einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs kommt.

(c) Bundeskartellamt, 17.06.2024

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