Klagen von Postkunden, mit denen die Aufhebung einer postrechtlichen Entgeltgenehmigung in Bezug auf einzelne Entgelte begehrt wird, sind lediglich innerhalb eines Jahres ab Veröffentlichung der genehmigten Entgelte im Amtsblatt der Bundesnetzagentur zulässig. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute in zwei Revisionsverfahren entschieden.

Die Klägerinnen beider Verfahren sind Kunden der beigeladenen Deutsche Post AG, die auf dem deutschen Markt Briefdienstleistungen mit einem Umsatzanteil von mehr als 80 % erbringt und die Versorgung mit grundlegenden Postdienstleistungen sicherstellt. Die Bundesnetzagentur hatte der Beigeladenen für lizenzpflichtige Postdienstleistungen für die Entgeltperioden 2016 bis 2018 sowie

2019 bis 2021 jeweils postrechtliche Entgeltgenehmigungen nach § 19 PostG erteilt. Die Entgeltgenehmigungen vom 4. Dezember 2015 bzw. vom 12. Dezember 2019 waren jeweils der Beigeladenen sowie den weiteren am Regulierungsverfahren Beteiligten bekanntgegeben worden, nicht aber den Klägerinnen. Anschließend hatte die Bundesnetzagentur die genehmigten Entgelte – wie von § 22 Abs. 4 PostG gefordert – in ihrem Amtsblatt veröffentlicht. Die Klägerinnen nahmen entgeltregulierte Postdienstleistungen in beiden Entgeltperioden in Anspruch.

Das Verwaltungsgericht Köln hat die im September 2021 bzw. im Januar 2022 erhobenen Anfechtungsklagen der Klägerinnen als unzulässig abgewiesen. Zwar gelte mangels Bekanntgabe der Entgeltgenehmigungen gegenüber den Klägerinnen keine Klagefrist. Allerdings hätten diese ihr Klagerecht nach dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben verwirkt.

Die Klägerinnen seien längere Zeit untätig geblieben, obwohl man vernünftigerweise damit hätte rechnen können, dass sie etwas zur Wahrung ihrer Ansprüche unternehmen. Dadurch sei eine Situation geschaffen worden, auf die die Deutsche Post AG habe vertrauen dürfen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die hiergegen gerichteten Sprungrevisionen der Klägerinnen zurückgewiesen. Ihre Klagen sind unzulässig. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts sind sie allerdings nicht verwirkt, sondern verfristet.

Portoerhöhungen werden nicht nur von Amts wegen veröffentlicht, sondern über sie wird auch in den Medien berichtet. Die Briefbeförderungen der Deutsche Post AG stellen Massengeschäfte des täglichen Lebens dar, sodass die Kunden mit Portoerhöhungen zwangsläufig konfrontiert werden. Es drängt sich hierbei für jeden Postkunden auf, dass ihn eine Erkundigungsobliegenheit trifft, wenn er sich Gewissheit über die Rechtmäßigkeit der Portoerhöhung verschaffen will. Schon einfache Erkundigungen führen auf die Veröffentlichungen der Bundesnetzagentur in ihrem Amtsblatt, das auf der Homepage dieser Behörde abrufbar ist. Dort lässt sich die Entgeltgenehmigung unschwer einsehen. Wer sich als Postkunde dieser naheliegenden und zumutbaren anderweitigen Kenntnisnahmemöglichkeit verschließt, darf sich nicht darauf berufen, die Entgeltgenehmigung nicht amtlich bekanntgegeben bekommen zu haben. Vielmehr muss er sich nach Treu und Glauben so behandeln lassen, als hätte er Kenntnis genommen.

Anknüpfend an die Veröffentlichung der genehmigten Entgelte durch die Bundesnetzagentur in ihrem Amtsblatt läuft für alle Kunden eine Jahresfrist in Anlehnung an § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO und § 9 der Postdienstleistungsverordnung. Diese Frist haben die Klägerinnen versäumt.

BVerwG 6 C 11.22 – Urteil vom 12. Juni 2024

BVerwG 6 C 12.22 – Urteil vom 12. Juni 2024

(c) Bundesverwaltungsgericht, 12.06.2024

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