Die 10. Strafkammer des Landgerichts München I hat am 10.06.2024 den rumänischen Staatsangehörigen Remus Ilie O. (35) wegen ausbeuterischer und dirigierender Zuhälterei, Menschenhandels und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt.
Die Kammer hält es für erwiesen, dass der Angeklagte eine seinerzeit 19jährige rumänische Staatsangehörige Denisa M. von Mitte November 2022 bis Anfang April 2023 zur Ausübung der Prostitution anhielt, dabei die gesamte Organisation der Ausübung der Prostitution durch die Geschädigte übernahm und den vollständigen Gewinn aus dieser Tätigkeit für sich einbehielt. Der Angeklagte schaltete Werbe-Anzeigen für die Geschädigte im Internet, buchte Hotelzimmer in verschiedenen süddeutschen Städten, vor allem München, in denen die Geschädigte ihre Dienste anbot, übernahm – unter dem Namen der Geschädigten auftretend – die mit Chat-Nachrichten ausgeführte Kommunikation mit den Freiern, mit denen er Leistung und Entgelt aushandelte, und ließ sich von der Geschädigten das Entgelt aushändigen, das diese zuvor von den Freiern ausbezahlt bekommen hatte. Dabei veranlasste er die Geschädigte auch dazu, den Geschlechtsverkehr mit Freiern ohne Kondom auszuüben und die Prostitution auch trotz einer zwischenzeitlich zugezogenen Infektionserkrankung fortzusetzen. Um die Geschädigte an der Ausreise nach Rumänien zu hindern, hatte er deren Ausweispapiere einbehalten. Während die Geschädigte die einzelnen Freier empfing, blieb der Angeklagte stets in der Nähe, um sowohl die Freier als auch die Geschädigte zu überwachen.
In einem Fall verletzte der Angeklagte die Geschädigte, die sich seinen Anweisungen nicht hatte beugen wollen, in einem Hotelzimmer in Stuttgart dadurch, dass er ihren Kopf gegen eine Wand des Zimmers stieß.
Am 07.04.2023 vertraute sich die Geschädigte einem Freier an, der daraufhin die Polizei verständigte, die den Angeklagten noch am selben Tag festnahm.
Der Angeklagte leugnete die ihm zur Last gelegten Taten bis zuletzt. Die Kammer unter dem Vorsitz von Nikolaus Lantz verschaffte sich die Überzeugung von dem festgestellten Sachverhalt teils aus den Angaben der Geschädigten und anderer Zeugen, teils durch die Auswertung der großen Menge an Chat-Nachrichten, die auf den Mobiltelefonen der Beteiligten gesichert werden konnten.
Im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigte die Kammer insbesondere den langen Tatzeitraum sowie erhebliche Vorstrafen des Angeklagten aus früheren Verurteilungen in der Republik Österreich. Zu Lasten des Angeklagten wertete das Gericht auch das Verhalten des Angeklagten in der Hauptverhandlung: er hatte sowohl die Staatsanwältin als auch die Strafkammer bedroht.
Die Kammer ordnete die Fortdauer der Untersuchungshaft an.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft München I steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.
(c) LG München I, 11.06.2024