Die US-Regierung will hohe Sonderzölle auf chinesische E-Autos und einige andere Produkte erheben. Politiker und Medien verurteilen das als blanken Protektionismus. Dabei ist die Reaktion der Amerikaner zumindest im Grundsatz gerechtfertigt: Biden will die Wettbewerbsverzerrungen durch China dadurch verringern. Gleichzeitig sichert er so die Klimaschutzstrategie der USA ab und verringert kritische Importabhängigkeiten von China.
China pumpt Milliarden um Milliarden in chinesische E-Autobauer und in viele andere Branchen. Das ist nicht fair und verzerrt den internationalen Wettbewerb. Hinzu kommt: Wie auch Europa möchten die USA aus geopolitischen Gründen De-Risking betreiben, also unabhängiger werden von der Wirtschaftsmacht in Asien. Die Biden-Administration fördert dazu US-Investitionen in Bereichen wie E-Autos, erneuerbaren Energien, Rohstoffen und Halbleitern – und das als Reaktion auf die chinesische Strategie auch mit Finanzhilfen und Steuernachlässen. Doch wenn China vor allem wegen seiner überhöhten Subventionen weiter der billigste Anbieter bleibt, kann die US-Produktion in diesen Bereichen trotz Förderung nicht rentabel werden, weil sich nicht genug Käufer finden. Damit droht Bidens De-Risking-Strategie das Scheitern. Die USA, aber auch Europa, müssen sich also entscheiden: Entweder sie steigen mit ein in einen bodenlosen und letztlich nicht finanzierbaren Subventionswettlauf, oder sie erheben Zölle, um wieder gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Das ist nicht protektionistisch, sondern nur fair, solange man sich dabei an die internationalen Regeln hält.
WTO erlaubt Zölle bei Antisubventionsverfahren
Die Bewertung von Bidens neuen Zölle ist gemischt: Sie verstoßen sehr wahrscheinlich gegen WTO-Regeln, der 100-Prozent-Zoll auf E-Autos ist überzogen. Demgegenüber sind die Zollhöhen bei den meisten anderen Produkten mit 25 Prozent deutlich niedriger. Zudem sind nur rund vier Prozent der US-Importe aus China betroffen. Sauberer wäre es, wenn die US-Regierung sich enger an den Antisubventionsmaßnahmen der WTO orientieren würde – die Höhe der Zölle bemisst sich hier nach der Höhe der wettbewerbsverzerrenden Subventionen. Im Zweifel lässt sich die nicht genau bestimmen, weil China seine Subventionen nicht offenlegt. Doch das Agieren innerhalb der WTO-Regeln würde signalisieren: Wir handeln nicht protektionistisch und wollen keinen Handelskrieg, sondern faire Wettbewerbsbedingungen, ein Level Playing Field.
EU sollte Zölle ebenfalls prüfen
Aus diesen Gründen sollte auch die EU Zölle im Rahmen von Antisubventionsverfahren dort in Betracht ziehen, wo wettbewerbsfähige EU-Produktion durch unfairen Wettbewerb aus China gefährdet ist. Das gilt für chinesische E-Autos, aber angesichts chinesischer Überkapazitäten zunehmend auch in anderen Bereichen wie dem Maschinenbau, der Chemieindustrie oder der Windenergie. Hier braucht es dringend ein Monitoring, um zu erkennen, wo eigentlich effiziente EU-Firmen durch unfaire chinesische Konkurrenz ins Wanken geraten. Bei Solarmodulen hingegen ist die Sachlage anders. Hier sollte die EU weiterhin aus dem günstigen China einkaufen. Wirklich konkurrenzfähige europäische Hersteller gibt es hier nicht, weil Solarmodule quasi von der Stange zu haben sind und die EU deshalb keine Wettbewerbsvorteile hat. Quintessenz: In Fragen des Außenhandels ist Augenmaß gefragt, kein Alarmismus.
(c) IW, 16.05.2024