Die 7. Große Strafkammer (Wirtschaftsstrafkammer) des Landgerichts München I hat die Angeklagten L., G und B. heute  des banden- und gewerbsmäßigen Betrugs schuldig gesprochen und sie zu Freiheitsstrafen von 1 Jahr 8 Monaten, 2 Jahren und 7 Jahren verurteilt. Zugleich ordnete die Kammer bei dem Angeklagten L. die Einziehung von rund 666.000 € ein. Der Angeklagte G. wurde zusätzlich zu einer Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu je 180 € verurteilt. Die gegen G und B verhängten Freiheitsstrafen von 1 Jahr 8 Monaten und 2 Jahren wurden zur Bewährung ausgesetzt.

Die bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg angesiedelte Zentralstelle Cybercrime Bamberg hatte den Angeklagten den betrügerischen Betrieb von Cybertrading-Plattformen vorgeworfen. Mittels ausgeklügelter Software – so die Feststellungen der Kammer – hatten die Angeklagten in Zusammenarbeit mit weiteren Bandenmitgliedern vorgetäuscht, mehrere Online-Handelsplattformen für Finanzinstrumente, insbesondere Krypto-Währungen zu betreiben. Die Kunden glaubten, sie könnten dort ein Depot eröffnen und anschließend über die Plattform handeln. Die Software stellte echte Handelskurse auf die Plattform ein und täuschte den Kunden sowohl Gewinne als auch teilweise den Totalverlust ihrer Investitionen vor. Tatsächlich erfolgte aber zu keinem Zeitpunkt ein Erwerb oder ein Handel mit Finanzprodukten. Auch gab es keine Auszahlung, die über Testrückzahlungen zur Anköderung hinausging. Die Anleger vertrauten aber darauf, dass die Handelsplattform funktionierte und zahlten erhebliche Beiträge ein. Die Mitglieder der Gruppe wollten so viel Geld wie möglich von den Anlegern erhalten, um es für sich zu behalten. Ziel der Bande war es, eine dauerhafte professionelle Struktur für die Organisation weiterer Straftaten zu schaffen.

Die Gruppe, der die Angeklagten im Zeitraum von 2017 bis 2019 angehörten, vertrieb die nicht existierenden Finanzprodukte aus Call-Centern unter anderem in Sofia, Sarajewo und Belgrad. Der Angeklagte L. leitete dabei das sog. Back-Office und war damit Teil des Kopfes der Gruppierung. Er nahm zentrale Management-Aufgaben wahr und war für die Qualitätskontrolle der Anrufe aus den Call-Centern zuständig. Er genehmigte Testauszahlungen an Kunden und sorgte für die immer weitere Professionalisierung der Arbeitsabläufe innerhalb der Organisation. Er war auch Leiter des sog. „Risk-Teams“, mit dem Kunden beschwichtigt wurden. Die beiden anderen Angeklagten nahmen ebenfalls relevante Aufgaben für die Organisation wahr, ohne allerdings zum innersten Führungszirkel zu gehören.

Die Angeklagten haben den Tatvorwurf eingeräumt. Die Angaben wurden durch entsprechende Urkunden und Zeugenaussagen bestätigt. Dabei zeigten sich – so die Vorsitzende Richterin Schmitthenner – teilweise erschütternde Schicksale.  So habe ein Handwerker seine gesamte Altersvorsorge in die real nicht existierende Plattform eingezahlt.

Bei allen Angeklagten wurde das jeweils umfassende Geständnis strafmildernd berücksichtigt. Die Vorsitzende Richterin betonte, dass die Geständnisse über das konkrete Verfahren hinausgingen: zwei der Angeklagten sagten bereits in Parallelverfahren als Zeugen aus und leisteten dadurch Aufklärungshilfe. Die Angeklagten waren bislang nicht vorbestraft. Der Angeklagte G. hatte zudem Schadenswiedergutmachung für den ihn betreffenden Teil der Geschädigten in Höhe von rund 450.000 € geleistet. Zu Lasten des Angeklagten L. wertete die Kammer allerdings seine herausgehobene Stellung bei der Begehung der Taten. Aus dem gesamten Komplex, der auch unter dem Namen „Wolf of Sofia“ bekannt wurde, sei ein Schaden von rund  8 Millionen Euro entstanden.

Die Angeklagten waren aus den Philippinen und den Niederlanden sowie aus Zypern und Bulgarien ausgeliefert worden. Die auf den Philippinen erlittene Abschiebehaft wurde mit einem Maßstab von 1:3 angerechnet. 

Mit zwei Angeklagten hatte das Gericht eine sog. Verständigung getroffen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidigung und der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste. Lediglich der Angeklagte G. erklärte Rechtsmittelverzicht.

(c) LG München I, 16.05.2024

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