Überraschend hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom Dienstag, den 30. April 2024 (C-470/21), die anlasslose Speicherung von IP-Adressen auch zur Verfolgung von Urheberrechtsverstößen unter bestimmten Voraussetzungen für zulässig erklärt. Er scheint damit eine Kehrtwende zu seiner bisherigen restriktiven Rechtsprechung in Sachen Vorratsdatenspeicherung zu vollziehen. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) warnt davor, das als Freibrief zu werten.
Statement von Rechtsanwalt Dr. David Albrecht, Mitglied des Ausschusses Gefahrenabwehrrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV):
„Für den Schutz der Bürgerrechte im digitalen Raum wäre es fatal, eine Vorratsdatenspeicherung zum Zwecke der Verfolgung jeglicher, auch geringfügiger Straftaten zu ermöglichen. Das gilt umso mehr, als der EuGH den Abruf von Vorratsdaten durch Ermittlungsbehörden nunmehr nur noch in Ausnahmefällen unter einen Richtervorbehalt stellt. Es erscheint zudem fraglich, ob die im Urteil vorausgesetzte ,strikte Trennung‘ zwischen IP-Adressen und sonstigen Nutzerdaten tatsächlich umsetzbar ist.
Das Urteil sollte daher keinesfalls als Freibrief für eine extensive Vorratsdatenspeicherung und damit eine Massenüberwachung des Internets in Deutschland verstanden werden, zumal man sich gerade mit dem Quick-Freeze-Verfahren auf eine grundrechtskonforme Lösung verständigt hatte (siehe hierzu auch das DAV-Statement vom 10. April 2024).“
(c) DAV, 03.05.2024