In einer kurzfristig angesetzten öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie hat sich Bundeswirtschafts- und -klimaschutzminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) zu der Frage einer angeblichen politischen Einflussnahme auf die Bewertung der Fachabteilungen zu einer möglichen Laufzeitverlängerung der letzten drei Kernkraftwerke geäußert. „Es ist unwahr, dass Vermerke ins Gegenteil verkehrt werden“, sagte Habeck am Freitagmorgen im Bundestag.
Die Zeitschrift „Cicero“ hatte zuvor auf die Herausgabe von Unterlagen geklagt, die belegen sollen, dass der Minister eine über die beschlossenen drei Monate hinausgehende Verlängerung des AKW-Betriebs in Deutschland klar abgelehnt hatte, obwohl Fachleute im Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz auch zu anderen Ergebnissen gekommen waren. Die „Bild“ berichtete am Donnerstag aus den Unterlagen, dass die zuständigen Experten im Umweltministerium am 1. März 2022 schrieben: Ein AKW-Weiterbetrieb sei mit der „nuklearen Sicherheit“ vereinbar. Zwei Tage später habe der Abteilungsleiter Gerrit Niehaus laut dem Springer-Medium den Satz einfach umgedreht: Längere AKW-Laufzeiten seien „aus Gründen der nuklearen Sicherheit abzulehnen. Danach seien die betreffenden Vermerke an Habecks damaligen Staatssekretär Patrick Graichen gegangen, der sein Fazit “Eine Laufzeitverlängerung nicht zu empfehlen„ an den Minister weitergegeben habe.
In manchen Medien wurde nun davon gesprochen, Habeck und sein Ministerium hätten beim Atomausstieg “getäuscht„. Der Minister sagte im Ausschuss, sein Haus habe immer alle Optionen geprüft, die vorliegenden Informationen seien ständig, bereits vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022 und danach, auf die sich ändernden Umstände hin überprüft worden.
Vor dem Ausschuss legte Habeck die zeitlichen Abläufe der Gespräche mit den AKW-Betreibern Eon, RWE und EnBW dar, deren einstimmige Analysen damals zu dem Ergebnis gekommen waren, dass die Brennelemente in den Meilern auf absehbare Zeit verbraucht sein würden; eine Beschaffung neuer Brennelemente hätte nach Angaben der Unternehmen 18 Monate gedauert. Ein Weiterbetrieb über den avisierten Streckbetrieb hinaus wäre zu diesem Zeitpunkt nach Einschätzung der Betreiber nicht umsetzbar gewesen, sagte Habeck. Erst später sei dann vom Betreiber Eon die Information gekommen, dass die AKW doch länger im Streckbetrieb laufen könnten.
Auf die Frage aus der Unionsfraktion, wann der Minister von dem strittigen Vermerk erfahren habe, antwortet Habeck am Freitag: “Gestern.„ Am Donnerstag waren die Vorwürfe durch die Berichterstattung von “Cicero„ und “Bild„-Zeitung öffentlich geworden. “Es war ausdrücklich mein Wunsch, alle Varianten zu prüfen„, so Habeck über die damaligen Beratungen. Das sei auch passiert, es habe in seinem Haus kein Diskussionsverbot gegeben. “Die Akten erzählen, wenn man sie genau und unparteiisch prüft, dass ergebnisoffen diskutiert wurde„, sagte der Minister. Die Antwort sei zu dem Zeitpunkt der Entscheidung gewesen, dass die AKW-Betreiber keine Ressourcen haben. Die Frage eines Weiterbetriebes habe deshalb nur eine in der Theorie bleiben können.
Zeitgleich mit dem Ausschuss für Klimaschutz und Energie tagte am Freitagmorgen auch der für Reaktorsicherheit zuständige Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz,; dort war die zuständige Bundesministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) zu Gast. Anders als im Ausschuss für Klimaschutz und Energie blieb die Sitzung jedoch nichtöffentlich.
(c) HiB Nr. 285, 26.04.2024