Bundesminister Robert Habeck hat heute die Frühjahrsprojektion der Bundesregierung vorgelegt. Es mehren sich die Anzeichen dafür, dass die deutsche Wirtschaft im Frühjahr 2024 an einem konjunkturellen Wendepunkt steht. Während die beiden vergangen Jahre infolge des Energiepreisschocks durch eine weitgehende wirtschaftliche Stagnationsphase geprägt waren, haben sich seit Jahresbeginn zunehmend die Auftriebskräfte verstärkt.
Bundesminister Robert Habeck: Die heutige Frühjahrsprojektion zeigt grundsätzlich eine ähnliche Einschätzung wie die Jahresprojektion vor zwei Monaten. Wir revidieren unsere konjunkturellen Erwartungen für das laufende Jahr 2024 dabei leicht nach oben, auf +0,3 %. Im weiteren Jahresverlauf sehen wir jetzt Zeichen für eine leichte konjunkturelle Aufhellung und dafür, dass sich die Wirtschaft langsam aus der Schwächephase herausbewegt. Strom und Gas kosten heute an der Börse etwa so viel wie vor den Energiepreisschocks. Und: Die Preise sind schneller zurückgegangen als von vielen vorhergesagt. Hier greifen unsere Maßnahmen. Von den gesunkenen Preisen profitiert die Industrie: Seit Jahresbeginn ging es bei der Produktion spürbar bergauf – besonders erfreulich ist, dass die energieintensiven Industrien ihre Produktion seit Jahresbeginn wieder ausweiten. Mit den Energiepreisen geht auch die Inflation weiter zurück. Das stärkt die Kaufkraft der Menschen und stützt die Erholung des privaten Konsums.
Für 2025 rechnen wir weiterhin damit, dass sich die Erholung bei weiter abnehmender Inflation und steigenden realen Einkommen verfestigt. Insgesamt erwarten wir dann weiterhin ein reales BIP-Wachstum von 1,0 %.
Trotz dieser Hoffnungssignale machen mir die strukturellen Probleme des Standorts weiterhin Sorge. Die Prognosen für das Produktivitäts- und Potentialwachstum fallen sehr niedrig aus. Wenn wir mittel- und langfristig wieder höheres Wachstum erreichen wollen, brauchen wir daher strukturelle Veränderungen. Dazu müssen wir neue wirtschaftliche Dynamik ermöglichen, Innovationen stärken, unnötige Bürokratie abbauen und den Arbeitskräftemangel entschlossen angehen. Dazu gehören Arbeitsanreize, damit mehr Menschen freiwillig mehr und länger arbeiten. Wir müssen unsere Bemühungen, bürokratische Hemmnisse zu beseitigen, fortsetzen. Wir sollten mit Praxischecks in allen Bereichen Bürokratie aufspüren und pragmatisch und schnell beseitigen und weiter Planungs- und Genehmigungsprozesse beschleunigen. Bei den Erneuerbaren Energien und den Netzen sehen wir deutlich mehr Tempo, die Maßnahmen greifen und wir bleiben dran. Und wir sollten mehr tun, um private und öffentliche Investitionen zu erhöhen.
In der Frühjahrsprojektion geht die Bundesregierung davon aus, dass sich die deutsche Wirtschaft im Jahresverlauf 2024 im Zuge niedrigerer Inflationsraten, geldpolitischer Lockerungen, steigender Löhne und Einkommen, einer anhaltend stabilen Arbeitsmarktentwicklung und zunehmender Impulse von der Außenwirtschaft allmählich erholt und wieder an Dynamik gewinnt. Insgesamt wird in der Frühjahrsprojektion für dieses Jahr eine Steigerung des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts um 0,3 % erwartet; im kommenden Jahr dürfte sich das Wachstums auf + 1,0 % verstärken.
Wesentliche Wachstumsimpulse dürften im weiteren Jahresverlauf vor allem von dem privaten Verbrauch ausgehen: Im Zuge deutlich höherer Reallöhne in Verbindung mit einer insgesamt robusten Beschäftigungsentwicklung dürften die inflationsbedingten Kaufkraftverluste der privaten Haushalte zunehmend überwunden werden und zu einer Belebung des privaten Konsums führen. Hierauf deutet die jüngste Stimmungsaufhellung der privaten Haushalte wie dem GfK‑Konsumklima und dem HDE‑Konsumbarometer bereits hin. Auch seitens der Außenwirtschaft lässt sich eine leichte Belebung feststellen, internationale Organisationen haben ihre Erwartungen für das Wachstum der Weltwirtschaft zuletzt leicht nach oben revidiert. Hiervon dürfte die stark exportorientierte deutsche Industrie profitieren. Die Investitionstätigkeit in Maschinen, Anlagen und Bauten wird angesichts der ungünstigen Ausgangslage zum Jahresende 2023, der insgesamt noch schwachen Nachfrage, gestiegenen Finanzierungskosten und vorhandenen Kapazitätsreserven zunächst noch verhalten bleiben und sich erst im Zuge der erwarteten konjunkturellen Erholung allmählich beleben.
Der Arbeitsmarkt ist trotz der wirtschaftlichen Schwächephase von Engpässen an Fachkräften geprägt. Im Zuge der schrittweisen Belebung dürfte sich der Beschäftigungsaufbau wieder etwas deutlicher fortsetzen und auch die Arbeitslosigkeit allmählich zurückgehen.
Die Verbraucherpreise dürften sich nach einer Rate von 5,9 % im vorangegangenen Jahr weiter deutlich auf 2,4 % im laufenden Jahr verringern. Hier wirken sich tendenziell inflationsdämpfende Faktoren wie Preisrückgänge auf vorgelagerten Wirtschaftsstufen aus. Ihnen stehen temporär erhöhende Effekte u.a. durch das Auslaufen der Absenkung der Umsatzsteuersätze auf Gas und Fernwärme und ein Basiseffekt aus der Einführung des 49-Eurotickets gegenüber. Im Jahr 2025 dürfte die Inflationsrate mit 1,8 % wieder unter dem EZB-Zielwert von 2,0 % liegen.
Unterstützt wird die wirtschaftliche Erholung von Maßnahmen der Bundesregierung, die private Haushalte und Unternehmen entlasten, den Investitionsstandort Deutschland stärken und damit Wachstumsimpulse setzen. Hierzu zählen das Wachstumschancengesetz, weitere steuerliche Entlastungen sowie Maßnahmen zur Förderung der Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft.
(c) BMWK, 24.04.2024