Das Bundesministerium der Justiz hat heute einen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der EU-Richtlinie hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive/CSRD) veröffentlicht.
Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt:
„Deutschland setzt die CSRD-Richtlinie um. Dazu sind wir nach EU-Recht verpflichtet. Unternehmen sollen künftig zusammen mit ihrem Jahresabschluss detailliert über ihren Umgang mit sozialen und ökologischen Herausforderungen berichten. So gibt es uns die Richtlinie vor. Man muss es offen aussprechen: Damit sind erhebliche Belastungen für die Wirtschaft verbunden. Vor diesem Hintergrund war es mir wichtig, dass wir die Richtlinie nur 1:1 umsetzen. Die Belastungen aus EU-Recht dürfen keinesfalls durch nationalen Regulierungsehrgeiz noch gesteigert werden, wie es in der Vergangenheit häufig der Fall war durch das sogenanntes „gold plating“. Zudem war mir wichtig, doppelte Berichtpflichten zu vermeiden – gerade mit Blick auf das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. So sorgen wir mit einem Ersetzungsrecht dafür, dass Unternehmen nicht zwei im Wesentlichen inhaltsgleiche Berichte nach unterschiedlichen Standards und für unterschiedliche Stellen erstellen müssen. Das zeigt einmal mehr: Bürokratieabbau muss zum Dauerbrenner werden. Bürokratieabbau gelingt aber nicht allein in Berlin – auch Brüssel ist gefragt.“
Der Referentenentwurf sieht vor, die europäischen Vorgaben zur Nachhaltigkeitsberichterstattung 1:1 umzusetzen. Unternehmen werden dadurch künftig verpflichtet, zusammen mit ihrem Jahresabschluss eine Nachhaltigkeitsinformation bereitzustellen. Damit soll der Umgang von Unternehmen mit Nachhaltigkeitsrisiken und Nachhaltigkeitsauswirkungen über die gesamte Wertschöpfungskette transparenter gemacht werden. Die Angaben sollen durch Wirtschaftsprüfer geprüft werden.
Nach geltendem Recht sind in Deutschland bereits bestimmte Unternehmen zur Abgabe einer sogenannten „nichtfinanziellen Erklärung“ verpflichtet, die allerdings nur sehr grundlegende Nachhaltigkeitsinformationen enthält (§ 289b, 289c des Handelsgesetzbuchs). Die bisherige „nichtfinanzielle Erklärung“ wird künftig durch den Nachhaltigkeitsbericht abgelöst.
Dabei wird die Anzahl der Unternehmen, die den Nachhaltigkeitsbericht erstellen müssen, zum einen deutlich steigen. Zum anderen wird der Umfang der Nachhaltigkeitsberichterstattung ausgeweitet. Wesentlicher Grund hierfür sind die Europäischen Nachhaltigkeitsstandards, welche die gesetzlich vorgeschriebenen Nachhaltigkeitsberichtspflichten konkretisieren und vertiefen.
Die neue Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung soll in Deutschland schrittweise ausgerollt werden. Für das erste Geschäftsjahr 2024 gilt die Nachhaltigkeitsberichterstattung nur für große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern. In den nachfolgenden Geschäftsjahren werden bis 2028 stufenweise weitere Gruppen von Unternehmen einbezogen. Der größte Zuwachs ist für das Geschäftsjahr 2025 zu erwarten, wenn erstmals auch nicht-kapitalmarktorientierte aber bilanzrechtlich große Unternehmen einbezogen werden.
Von der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung werden nach derzeitiger Schätzung insgesamt rund 13 000 deutsche Unternehmen betroffen sein (insbesondere Kapitalgesellschaften, haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften und Genossenschaften).
Der bürokratische Aufwand für die Unternehmen soll dabei auf das absolut erforderliche Mindestmaß begrenzt werden. Um doppelte Berichtspflichten zu vermeiden, werden auch Änderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) vorgeschlagen. Unternehmen sollen ihre Berichtspflicht nach dem LkSG künftig durch Vorlage eines Nachhaltigkeitsberichts erfüllen können: Sie können mit einem Bericht also zwei Pflichten gleichzeitig erfüllen. In Konzernkonstellationen soll darüber hinaus der Konzernnachhaltigkeitsbericht der Konzernmutter genügen. Wenn das Tochterunternehmen in diesen Bericht einbezogen ist, soll es nicht zusätzlich selbst nach dem LkSG berichten müssen.
Der Referentenentwurf sieht insbesondere vor:
- Anpassung der Regelungen im Handelsgesetzbuch hinsichtlich der Rechnungslegungsunterlagen der in den Anwendungsbereich einbezogenen Unternehmen. Betroffen sind insbesondere die Vorschriften zum Lagebericht, zum Konzernlagebericht und zur Prüfung:
- Von den Vorgaben erfasste Unternehmen müssen demnach ihre (Konzern-)Lageberichte um einen Nachhaltigkeits-bericht erweitern. Dieser wird künftig auch Gegenstand der Prüfung sein.
- In den Nachhaltigkeitsbericht sind diejenigen Angaben aufzunehmen, die für das Verständnis der Auswirkungen der Tätigkeiten der Kapitalgesellschaft auf Nachhaltigkeits-aspekte sowie das Verständnis der Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf den Geschäftsverlauf, das Geschäftsergebnis und die Lage der Kapitalgesellschaft erforderlich sind. Nachhaltigkeitsaspekte sind Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsfaktoren sowie Governance-Faktoren.
- Die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung wird auch auf näher bestimmte Tochterunternehmen und Zweig-niederlassungen von Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat erweitert, sofern diese Unternehmen (ggf. konzernweit) einen Gesamtumsatz von mehr als 150 Millionen Euro in der EU insgesamt haben.
- Ferner werden auch Anpassungen der berufsrechtlichen Regelungen insbesondere über die Aus- und Fortbildung von Wirtschaftsprüfern, die Berufsgrundsätze, die Qualitäts-kontrolle und die Berufsaufsicht über Wirtschaftsprüfer mit Blick auf die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten durch Wirtschaftsprüfer vorgenommen.
- Durch Änderungen im Aktiengesetz soll geregelt werden, dass das für die Prüfung zuständige Organ der Aktiengesellschaft künftig auch die Nachhaltigkeitsberichterstattung kontrollieren und prüfen muss.
- Im Wertpapierhandelsgesetz sollen mit den vorgeschlagenen Regelungen die Änderungen der Transparenzrichtlinie infolge der Nachhaltigkeitsberichterstattung für Emittenten nachvollzogen werden.
- Zudem sollen die berufsrechtlichen Regelungen der Wirtschaftsprüferordnung, insbesondere über die Aus- und Fortbildung von Wirtschaftsprüfern, die Berufsgrundsätze, die Qualitätskontrolle und die Berufsaufsicht über Wirtschaftsprüfer mit Blick auf die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten durch Wirtschaftsprüfer angepasst werden. Ferner muss die zusätzliche Prüfung zum Prüfer für Nachhaltigkeitsberichte in der Wirtschaftsprüferprüfungsverordnung näher geregelt werden. Bei der Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte muss sichergestellt werden, dass diese durch sachkundige, unabhängige und für diese Aufgabe qualifizierte Prüfer erfolgt, die strengen Berufsgrundsätzen, einer fortlaufenden Qualitätskontrolle und der Berufsaufsicht unterliegen.
Der Referentenentwurf wurde heute an die Länder und Verbände versendet und auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 19. April 2024 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen werden auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht.
Den Referentenentwurf finden sie hier.
(c) BMJ, 22.03.2024