Mit heute verkündetem Urteil hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) die Landeshauptstadt München verurteilt, ihren Luftreinhalteplan fortzuschreiben und insbesondere ein Dieselfahrverbot einzuführen, das auch Kraftfahrzeuge Euro 5/V umfasst.
Die Deutsche Umwelthilfe und der Verkehrsclub Deutschland hatten gegen eine im September 2023 erfolgte Änderung des Luftreinhalteplans München geklagt. Mit dieser Änderung hatte die Beklagte ein zunächst im Oktober 2022 eingeführtes, zeitlich gestuftes Dieselfahrverbot bezüglich Euro 5/V-Fahrzeuge und Ausnahmen für Anwohner ausgesetzt bzw. aufgehoben. Die Kläger fordern die Rückgängigmachung dieser Änderung und die Wiedereinführung strengerer Dieselfahrverbote, da der Grenzwert entgegen der Prognose weiter deutlich überschritten werde.
Der BayVGH verurteilte die Beklagte mit heutigem Urteil dazu, ihren Luftreinhalteplan erneut fortzuschreiben. Dabei hat die Beklagte v.a. zwei Straßenabschnitte in den Blick zu nehmen, an welchen laut Messungen Grenzwertüberschreitungen vorliegen:
Für den Bereich der Landshuter Allee gilt bereits ein zonales Dieselfahrverbot für Euro 4/IV-Fahrzeuge. Dieses reicht nach Ansicht des BayVGH aber nicht aus und muss angesichts der bisherigen Dauer und Höhe der Grenzwertüberschreitung ergänzt werden, v.a. mit Blick auf Euro 5/V-Fahrzeuge. Zur konkreten Ausgestaltung ist der Beklagten ein vom Gericht zu beachtender gesetzlicher Spielraum eingeräumt; sie hat dabei aber laut Gericht Folgendes abzuwägen:
(1) Eine Ausweitung des bestehenden zonalen Fahrverbots auf Euro 5/V-Fahrzeuge könnte ohne große zeitliche Verzögerung bereits im April per Stadtratsbeschuss angeordnet werden, weil eine solche Maßnahme schon als Stufe 2 im bestehenden Luftreinhalteplan angelegt ist. Eine solche Ausweisung würde dem gesetzlichen Auftrag entsprechen, den Zeitraum der Nichteinhaltung des Grenzwerts so kurz wie möglich zu halten.
(2) Auch ein streckenbezogenes Fahrverbot betreffend Euro 5/V-Fahrzeuge in Kombination mit dem bestehenden zonalen Verbot für Euro 4/IV-Fahrzeugen würde laut Prognose grundsätzlich zu einer Einhaltung des Grenzwerts führen. Dafür müsste der Luftreinhalteplan neu aufgestellt und eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden. Die Maßnahme könnte deshalb erst später eingeführt werden. Eine Kombination von zonalem und streckenbezogenem Fahrverbot hätte zudem komplexe und möglicherweise wenig praktikable verkehrsrechtliche Anordnungen zur Folge, die wiederum die Effektivität der Maßnahme beeinträchtigen könnten.
(3) Zudem wird die Beklagte in jeder Variante zu prüfen haben, ob die Einhaltung der Maßnahmen durch ein entsprechend auszugestaltendes Vollzugskonzept sicherzustellen ist.
Für den Bereich der Moosacher Straße sind erst seit Januar 2023 Messdaten verfügbar, die eine Grenzwertüberschreitung dokumentieren. Auch hier muss die Beklagte geeignete und effektive Maßnahmen zur Einhaltung des Grenzwertes ergreifen; ein Dieselfahrverbot erachtet das Gericht insoweit aber nicht als zwingend. Für die konkrete Ausgestaltung stehen der Beklagten mehrere Szenarien zur Verfügung, zumal noch nicht feststeht, ob die Grenzwertüberschreitungen auf „Ausweichverkehr“ infolge des bestehenden zonalen Dieselfahrverbots (Mittlerer Ring/Umweltzone) zurückzuführen sind oder unabhängig davon und ggf. schon länger bestehen.
Gegen das Urteil können die Beteiligten nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zum Bundesverwaltungsgericht einlegen.
(BayVGH, Urteil vom 21. März 2024, Az.: 22 A 23.40047)
(c) BayVGH, 21.03.2024