Die von der Stadt Fehmarn für die Jahre 2019 und 2020 erhobene Zweitwohnungssteuer ist rechtswidrig, weil die zugrunde liegende Zweitwohnungssteuersatzung aus Dezember 2019 gegen höherrangiges Recht – Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) – verstößt. Hingegen ist die von der Stadt Tönning auf der Grundlage ihrer Zweitwohnungssteuersatzung aus September 2020 für die Jahre 2019 bis 2021 erhobene Aufwandsteuer für das Innehaben einer Zweitwohnung rechtmäßig.
Das hat die 4. Kammer gestern in zwei Musterverfahren entschieden. Geklagt hatten ein in Niedersachsen wohnender Eigentümer einer Wohnung in Burgtiefe in Fehmarn und eine Berlinerin, die eine Wohnung am Tönninger Hafen hat.
Die Kammer führte zur Urteilsbegründung beider Verfahren aus, dass die Erhebung der Zweitwohnungssteuer als örtliche Aufwandsteuer durch die Städte zwar grundsätzlich zulässig sei, da keine Gleichartigkeit zur Grundsteuer bestehe und der von den Städten gewählte „Flächenmaßstab“, der nach Lage, Baujahr und Gebäudeart differenziert, einen lockeren Bezug zu dem mit dem Innehaben der Zweitwohnungssteuer verbundenen Aufwand aufweise.
Bei der Stadt Fehmarn verstoße allerdings die konkrete Ausgestaltung des Lagewerts unter Verwendung des reinen Bodenrichtwerts, also ohne gewichteten Faktor, gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da der Lagewert so den Bodenpreis und dessen Entwicklung 1:1 wiedergebe und nicht lediglich die Lageverhältnisse innerhalb des Satzungsgebietes. Mit der Berücksichtigung des reinen Bodenrichtwerts bestehe kein lockerer Bezug mehr zum Aufwand.
Hinsichtlich der Ausgestaltung des Flächenmaßstabs durch die Stadt Tönning bestünden hingegen keine rechtlichen Bedenken, da diese in ihrer Satzung bei dem Lagewert die Bodenrichtwerte ins Verhältnis gesetzt und dadurch einen Wertfaktor gebildet habe, der die Wertigkeit der Wirtschaftsgüter proportional zueinander abbilde und eine Steigerung bzw. Veränderung der Bodenrichtwerte so allein im Verhältnis der grundstücksbezogenen Wertfaktoren zueinander Ausdruck finde. Auch das im Jahr 2020 für 47 Tage geltende Einreiseverbot für Zweitwohnungsbesitzer aus anderen Bundesländern aufgrund der Landesverordnung zur Bekämpfung des Coronavirus habe die Verfügungsmacht der Eigentümer nicht so eingeschränkt, dass eine Nutzung der Wohnung ausgeschlossen gewesen sei und die konkret festgesetzte Steuer daher unverhältnismäßig geworden oder zu kürzen gewesen wäre.
Die Kammer hat die Berufung zum Oberverwaltungsgericht gegen beide Urteile wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor.
Quelle: Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Pressemitteilung vom 24. März 2022