Mit Beschluss vom gestrigen Tage hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe den Eilantrag des Betroffenen gegen eine Verfügung der Stadt Mannheim abgelehnt.
Der Antragsteller wurde im Jahr 2019 u.a. wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Zur Begehung dieser Straftaten war er mehrmals auf die Philippinen gereist. Nachdem er im Oktober 2023 aus der Haft entlassen wurde, versuchte er im November 2023, nach Thailand einzureisen, was die dortigen Behörden aufgrund einer bei Interpol hinterlegten Warnmeldung des Bundeskriminalamtes verhinderten.
Bei der Rückkehr am 15.11.2023 wurde ihm am Frankfurter Flughafen durch die Bundespolizei eine innerhalb kürzester Zeit erlassene Verfügung der Stadt Mannheim ausgehändigt, mit der ihm der Reisepass entzogen wurde, und sein Reisepass wurde sichergestellt. Dies stützte die Stadt auf eine im Oktober 2023 neu in das Passgesetz eingefügte Vorschrift (§ 7 Abs. 1 Nr. 12), mit der die Begehung sexueller Straftaten gegen Minderjährige im Ausland verhindert werden soll.
Mit seinem Eilantrag wandte sich der Antragsteller gegen den Sofortvollzug dieser Verfügung und machte insbesondere geltend, er habe in Thailand lediglich eine Freundin treffen und sodann nach Kambodscha weiterreisen wollen. Er sei nach vollständiger Haftverbüßung ohne Auflagen entlassen worden und das Gericht habe auch keine Führungsaufsicht angeordnet, weshalb allein aus seiner strafrechtlichen Verurteilung nicht auf eine Gefahr der Begehung weiterer Straftaten geschlossen werden könne. Es gelte der Grundsatz „in dubio pro reo“ („Im Zweifel für den Angeklagten“).
Dem ist die zuständige Kammer nicht gefolgt. Zur Begründung führte sie aus, dass die Verfügung der Stadt Mannheim voraussichtlich rechtmäßig sei.
Der Antragsteller habe eine sexuelle Präferenz für Mädchen im Alter von 11 bis 13 Jahren und habe diese Veranlagung über einen erheblichen Zeitraum hinweg durch Begehung entsprechender Straftaten ausgelebt. Nach den Ausführungen eines während der Haft erstellten fachärztlichen Gutachtens habe er mehrere Therapieversuche ohne Erfolg abgeschlossen, da er wenig Therapiemotivation gezeigt habe und eine Opferempathie bei ihm nicht erkennbar gewesen sei. Eine selbstkritische Auseinandersetzung mit seinen Taten könne ihm nicht bescheinigt werden. Auch das Landeskriminalamt Baden-Württemberg schätzte den Antragsteller in einer umfangreichen Risikobewertung aus dem Jahr 2023 als besonders rückfallgefährdet ein.
Demnach bestünden an der weiteren Gefährlichkeit des Antragstellers keine Zweifel. Anders als die strafrechtliche Führungsaufsicht ziele die Passentziehung auf die Verhinderung von Straftaten im Ausland ab. Mit diesem Zweck der Gefahrenabwehr sei keine weitere Bestrafung des Antragstellers verbunden, so dass der Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ nicht gelte.
Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Der Antragsteller kann hiergegen binnen zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg einlegen (1 K 5072/23).
(c) VG Karlsruhe, 31.01.2024