Am 23.02.2022 verurteilte der zuständige Strafrichter des Amtsgerichts München einen 28jährigen Angestellten wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.
Der Angeklagte befand sich im Frühjahr 2021 in der Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim in Strafhaft. Dort geriet er in der Kantine mit einem anderen Häftling in Streit. Er beleidigte den Mitgefangenen mit den Worten „Ich ficke Dich!“, beruhigte sich aber dann wieder. Der Konflikt schien beendet.
Als der andere Insasse die Kantine verließ, folgte ihm der Angeklagte jedoch und schlug ihm von hinten auf den Kopf. Der Mitgefangene drehte sich um und stieß den Angeklagten weg, daraufhin schlug dieser ihm ins Gesicht. Der Geschädigte erlitt dadurch eine Platzwunde, die mit sieben Klammern genäht werden musste. Zudem zerbrach seine Brille.
Rund drei Wochen später wurde der Angeklagte erneut ausfällig und beleidigte zwei Justizvollzugsbeamte als „Wichser“ und „Bastard“.
Im Laufe des neuen Strafverfahrens wurde der Angeklagte zweimal festgenommen und befand sich jeweils einige Zeit in Untersuchungshaft. Die Haftbefehle wurde dann außer Vollzug gesetzt, zur Hauptverhandlung erschien er freiwillig.
In der Hauptverhandlung räumte der Angeklagte die Taten über seine Verteidigerin ein. Er entschuldigte sich bei seinem Mitgefangenen und den Justizvollzugsbeamten. Er gab an, er sei vor der Schlägerei provoziert worden. Zudem habe er aufgrund der Vorfälle bereits während der Haft vier Tage in den Arrest gemusst. Vor der Beleidung der Beamten habe es Probleme mit seinem Einkauf gegeben, daraufhin sei er „ausgerastet“.
Er ließ vortragen, dass sich sein Leben seit der Haftentlassung geändert habe. Er habe eine unbefristete Festanstellung, ein regelmäßiges Einkommen, unterstütze seine Familie und lebe in geregelten Verhältnissen.
Der Vorsitzende begründete das Urteil wie folgt:
„Zugunsten des Angeklagten spricht, dass dieser vollumfänglich geständig ist und reuig ist. Zudem entschuldigte er sich bei den Zeugen, soweit diese anwesend waren. Außerdem erlitt der Angeklagte im hiesigen Verfahren zweifach Untersuchungshaft und verbüßte bereits während der Strafhaft Arreste für sein Verhalten. Zudem ist nicht auszuschließen, dass der Angeklagte auf eine Provokation des Zeugen (…) hin handelte. Ebenfalls ist zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass die Strafhaft, in der er die Taten beging, nicht ausschließbar zu einer inneren Anspannung geführt hatte. Vor allem aber ist zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass dieser auf einem äußerst guten Weg ist. So konnte dieser nach der Haftentlassung Arbeit finden und ist derzeit – trotz zwischenzeitlicher zweifacher Untersuchungshaft – unbefristet in einem (…) Unternehmen angestellt, das mit dem Angeklagten äußerst zufrieden ist.“
„Zu Lasten des Angeklagten spricht, dass dieser mehrfach, einfach einschlägig, vorbestraft ist. Zudem ist erheblich zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass dieser die Taten während seiner Strafhaft und zugleich unter offener Bewährung in anderer Sache verübte. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Verletzungsfolgen seitens des Zeugen (…) nicht unerheblich waren.“
Das verhängte Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt:
„Das Gericht erwartet, dass der Angeklagte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Das Gericht übersieht bei dieser Prognose nicht, dass der Angeklagte nicht unerheblich vorbestraft ist und die Straftaten in Haft beging. Dem steht jedoch gegenüber, dass der Angeklagte seine Zeit nach der Haftentlassung optimal nutzte, eine Arbeit fand und der Arbeitgeber sogar an dem Angeklagten festhielt, nachdem dieser zweifach in Untersuchungshaft genommen wurde. Festzustellen ist vor dem Hintergrund dieser Umstände und aufgrund des persönlichen Eindrucks, den das Gericht vom Angeklagten im Rahmen der Hauptverhandlung gewann, dass dieser erstmals auf einem guten Weg ist. Allein deshalb kann davon abgesehen werden, in der Strafhaft begangene Straftaten mit weiterer Strafhaft zu beantworten.“
Urteil des Amtsgerichts München vom 23.02.2022
Aktenzeichen 852 Ds 255 Js 141631/21
Das Urteil ist rechtskräftig.
Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung vom 18. März 2022